Von Feigenfieber und Fehltritten: Unser Abenteuer zwischen Waldbrand und Weinprobe


14.8 – 17.8
Von der Hauptstadt soll es nun in die Natur gehen. Unser nächster Stopp ist der Sutjeska-Nationalpark im Südosten des Landes. Schon bei der Hinfahrt beobachten wir mehrere kleine Waldbrände. Bei der Bullenhitze kein Wunder! Auch in der Nähe unseres Campingplatzes soll es brennen. Nach Absprache mit der Unterkunft soll das Feuer aber nicht gefährlich für uns sein. Beim Aussteigen sehen und riechen wir bereits, dass eine dünne Rauchschicht in der Luft liegt. Der Busfahrer lässt uns, um es mit seinen Worten zu sagen, im „City Center“ raus.

Dieses besteht aus zwei Häusern, fünf Kühen und einem kleinen Tante-Emma-Laden, vor dem ein paar Einheimische schon vormittags Bier trinken. Sie schauen uns zunächst etwas verdutzt an, als wir mit den riesigen Rucksäcken den winzigen Laden betreten. Nachdem wir uns mit Lebensmitteln eingedeckt haben, müssen wir noch etwa 20 Minuten an der Landstraße entlanglaufen, bis wir an unserem Campingplatz ankommen. Als wir unsere Unterkunft beim Check-in bezahlen wollen, funktioniert natürlich keine einzige Kreditkarte, was eindeutig nicht an unseren Karten liegt. Aber gut, dann müssen wir wohl umplanen, denn ohne Auto kommen wir auch nicht so einfach an einen Geldautomaten. Deshalb entscheiden wir uns spontan, lediglich zwei Nächte statt vier zu bleiben. Schon können wir unsere kleine Holzhütte beziehen.

Mit einem Abendessen im Restaurant des Campingplatzes lassen wir den Tag ausklingen und planen, am nächsten Tag eine Canyoning-Tour zu machen. Gesagt, getan! Am nächsten Morgen werden wir von einem alten Jeep abgeholt, der uns an ein Gefährt aus einer Dschungelsafari erinnert. Darin sitzen zwei Kerle, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Der eine ist zwei Meter groß, korpulent, mit Gnackwurscht und erzählt einen schlechten Witz nach dem anderen, während der andere eher schmächtig und ruhig wirkt. Nach einer kurzen Fahrt sehen wir uns schon die Neoprenanzüge über unsere verschwitzten Körper streifen. Nun müssen wir nur noch eine kurze Strecke bis zum Einstieg in den Canyon spazieren. Denken wir. Tatsächlich müssen wir jedoch einen mega steilen Abhang hinabwandern, und das bei 35 Grad und im Neoprenanzug. Nach einer halben Stunde kommen wir endlich unten an. Unsere Beine zittern tatsächlich ein bisschen, weil der Weg so anstrengend war. Unten am Fluss angekommen, setzen wir uns erstmal auf einen Felsen und trinken das eiskalte und klare Flusswasser. Nach einer kurzen Verschnaufpause geht die Tour los. Da das Wasser im Fluss aufgrund des Wetters nicht sehr hoch ist, waten wir erstmal eine Weile im Flussbett. Schon bald kommen wir jedoch zu unserem ersten Wasserfall. Den sollen wir hinunterspringen? Etwa vier Meter unter uns mündet der Wasserfall in das nächste tiefergelegene Becken. Unser Guide erklärt uns, dass wir ganz genau zielen sollen, da links und rechts vom Wasserfall das Wasser nicht tief genug ist. Trotz des mulmigen Gefühls entscheiden wir uns dennoch, nach unten zu springen. Es ist ein tolles und erfrischendes Gefühl, in das eiskalte Wasser komplett einzutauchen. Die perfekte Aktivität bei diesen Temperaturen. Ähnliche Sprünge wiederholen sich, und einmal knotet unser Guide sogar eine Zipline aus seinem Seil für uns. Ein andermal dürfen wir uns von einem Wasserfall abseilen. Nach etwa drei Stunden ist der große Spaß dann auch schon zu Ende. Auf dem kleinen verwilderten Pfad zum Jeep zurück werden wir von einer Vielzahl von Brombeersträuchern überrascht. Wir laben uns reichlich an den süßen Früchten. Nachdem wir wieder bei unserem Camp abgesetzt werden, werden wir gleich von der Nachmittagshitze erschlagen. Im Canyon war es so schön kühl!

Der Campingplatz verfügt zwar über einen Pool, aber irgendwie ekeln wir uns ein bisschen, darin zu schwimmen. In dem kleinen Becken sind nämlich hauptsächlich Kinder zu beobachten, und jeder weiß, was die da drin machen. Während Jonas müde ist und seine Hängematte neben unserer Blockhütte aufhängt, macht sich Kathi daran, ein schattigeres Plätzchen zu finden. Sie macht einen kleinen Spaziergang hinterm Camp und erreicht nach kurzer Zeit einen Fluss, dessen Ufer zum Verweilen einlädt. Kurzerhand ist die Hängematte auch schon aufgehängt. Der Fluss kühlt die Umgebung schön ab. Auch Jonas gesellt sich bald darauf ins gemachte Nest, und wir entspannen uns von den Anstrengungen unserer Tour.

Als wir am darauffolgenden Tag aufwachen, liegt etwas mehr Rauch in der Luft. Immer wieder sind die Motorengeräusche der Löschhubschrauber zu hören. Gut, dass wir heute weiterziehen. Nach einem kurzen Fußmarsch zum bereits erwähnten „City Center“ sichten wir ein kleines Feuer neben der Landstraße (aber auch neben reichlich trockenem Gehölz), welches wohl ein Bauer zum Verbrennen von Zweigen gemacht hat. Währenddessen beobachten wir, wie zahlreiche Hubschrauber aus dem danebenliegenden Fluss Wasser zum Löschen der Waldbrände aufnehmen. Voll normal, oder? Nach einer halbstündigen Wartezeit steigen wir dann auch schon in den Bus nach Trebinje ein. Offensichtlich handelt es sich um einen ausrangierten deutschen Stadtbus, da alle Aufkleber im Bus in deutscher Sprache verfasst sind. Nach kurzer Zeit stellt Kathi entsetzt fest, dass sie bei der Buchung in Trebinje versehentlich für September statt für August gebucht hat. Mist! Deshalb nutzen wir die verbleibende Fahrt, um uns eine alternative Unterkunft zu buchen. Sie ist zwar etwas teurer als die geplante Unterkunft, aber es hält sich alles im Rahmen. Bei der Ankunft in Trebinje haben wir den Eindruck, dass die Temperaturen weiter nach oben gewandert sind. Voll bepackt wandern wir bergauf. Auf dem Weg zu unserer Unterkunft kreuzen zahlreiche Feigenbäume, Kiwi- und Weintraubensträucher sowie Granatapfelbäume unseren Weg. Vor allem die Feigen scheinen dort wie Unkraut zu wachsen. Da wir uns in Deutschland wegen der hohen Feigenpreise selten so eine Köstlichkeit leisten, greifen wir natürlich voll zu. Das wird sich im Nachhinein noch als Fehler herausstellen, aber dazu später mehr.

Wir erreichen unsere Unterkunft und lassen uns erstmal von der Klimaanlage ins Gesicht blasen. Draußen scheint es wirklich gefühlte 40 Grad zu haben. Wir relaxen erstmal ein bisschen und kaufen dann Gemüse ein, um abends etwas zu kochen. Außerdem nehmen wir unsere Tupper mit, um auf dem Weg noch mehr Feigen zu sammeln (leider).

Nach dem Abendessen entschließen wir uns noch, auf einen Aussichtspunkt in der Nähe zu steigen. Dort soll es eine wunderschöne orthodoxe Kirche und ein Café geben.

Nachdem wir uns dort einen Espresso einverleibt haben, meint Jonas schon, dass es ihm irgendwie nicht gut gehe. Er habe Bauchweh und ihm sei schlecht. Wir denken uns erstmal nichts und wandern wieder bergab und schauen uns ein bisschen die Altstadt an. Im Internet hatten wir von einem „verschlafenen“ Städtchen gelesen. Nachmittags vielleicht, wenn es 40 Grad im Schatten hat und deshalb keiner vor die Tür geht. Abends jedoch geht die Post ab. Aber nicht auf eine gute Weise. Am Hauptplatz läuft so viel schlechte und ohrenbetäubende Musik nebeneinander, dass wir erstmal die Flucht ergreifen. Ansonsten scheint das mittelalterliche Städtchen wirklich wunderschön zu sein. In der Unterkunft angekommen, verschlechtert sich Jonas‘ Zustand. Irgendwann muss er sich sogar mehrmals übergeben. Er schläft nachts nicht viel und ist deshalb dementsprechend gerädert am nächsten Morgen. Nur zu blöd, dass wir die Unterkunft wechseln müssen, da unser Zimmer an diesem Tag noch an jemand anderes vermietet ist. Somit müssen wir etwa eine halbe Stunde zu einer anderen Unterkunft laufen. Bei dieser Hitze ist das schon mal schlimm genug, aber dazu kommt ja noch Jonas‘ Zustand. Kathi muss sich also diesmal den großen Rucksack umschnallen, weil Jonas sich dafür zu schwach fühlt. Reichlich verschwitzt kommen wir in der nächsten Unterkunft an, denken wir zumindest. Denn anscheinend ist auf deren Internetseite die falsche Adresse angegeben, und somit haben wir noch einigen Heckmeck, bis wir uns endlich in der nächsten Unterkunft unter die Klimaanlage legen können. Jetzt fangen wir auch an zu überlegen, wieso es Jonas so schlecht gehen könnte. Schnell kommen wir auf die Feigen und recherchieren im Internet, ob diese etwas mit der Kotzerei zu tun haben könnten. Und tatsächlich! Feigenbäume produzieren nämlich einen milchigen Saft, der als Latex bekannt ist. Dieser Latex kann beim Verzehr von frischen Feigen oder beim Pflücken direkt vom Baum Probleme verursachen, nämlich Magen-Darm-Beschwerden. Na toll, da hat sich unsere Gier wieder gelohnt! Jonas bleibt deshalb die nächsten Stunden im Bett, während Kathi die Stadt erkundet.

Am Abend steht dann noch eine Weinprobe in einem kleinen Weingut an, die wir uns eigentlich nicht entgehen lassen wollen. Jonas fühlt sich abends auch schon besser und wir beginnen die kleine Wanderung zum Weingut. Kathi merkt jedoch auch schön langsam, dass irgendwas mit ihrer Verdauung nicht stimmt. Ihr Bauch grummelt und sie hat Sodbrennen. Vielleicht nicht der richtige Zeitpunkt für eine Weinprobe, denken wir uns, aber so spontan wollen wir dann auch nicht absagen. Als wir ankommen, begrüßt uns Stevo, der Besitzer, herzlich. Er hätte gerade Handwerker da und außerdem sei Ernte, deshalb hätte er ein bisschen Stress, aber nichtsdestotrotz setzt er sich zu uns und kredenzt uns reichlich Wein und eine große Platte mit hiesigem Käse, Parmaschinken, Oliven und Ajvar. Immer wieder muss er kurz weg, um etwas mit dem Handwerker zu besprechen. Als Entschädigung bekommen wir jedoch von jedem Wein, den wir probieren dürfen, gleich zwei Gläser. Stundenlang unterhalten wir uns über Gott und die Welt und haben einen richtig schönen Abend mit ihm. Da Jonas ein bisschen angeschlagen ist, muss Kathi oft seinen Wein austrinken, und auch beim Essen kann er nicht richtig zuschlagen. Stevo packt uns jedoch den Rest kurzerhand ein, und wir machen uns auf den Heimweg. Kathi muss dann daheim gleich eine Tablette wegen des immer schlimmer werdenden Sodbrennens nehmen. Naja, wir hätten es uns ja denken können. Das war aber nicht alles. Sie bekommt dann auch noch Durchfall, und der ist auch am nächsten Morgen noch nicht weg, als eine mehrstündige Busfahrt ansteht. Wir haben aber Kohletabletten dabei und können den Durchfall somit für ein paar Stunden bändigen. Als wir in Mostar, unserem nächsten Ziel, ankommen, können wir zum Glück schon in unser Zimmer und müssen uns erstmal von diesem wilden Ritt in Trebinje erholen.


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