Von Thaiboxen bis Stockbrot: Weihnachten in Thailand


15.12.-30.12.

Es geht endlich weiter zu unserem nächsten Volunteering. Es soll auf eine vegane Farm gehen. Da der Besitzer in der Kommunikation immer sehr spärlich antwortet, haben wir schon ein bisschen Angst, dass vielleicht etwas schiefläuft und wir auf der Farm ankommen und es keinen Platz für uns gibt. Die Angst stellt sich jedoch als unbegründet heraus, da wir schon von den anderen Freiwilligen erwartet werden.

Als wir ankommen, ist es ein regnerischer Sonntag, und eine andere Freiwillige führt uns ein bisschen herum, um uns alles zu zeigen. Die Farm ist umgeben von Natur pur. Es wird dort allerlei leckeres Obst und Gemüse angebaut.

Es gibt sogar Hütten, in denen Austernpilze gezüchtet werden.

Das Areal besteht praktisch aus mehreren Gebäuden, die alle aus Bambus gebaut sind. Außerdem gibt es ein schönes Yogadeck mit Aussicht auf Bananensträucher und einen Teich mit Seerosen.

Es ist wirklich mal wieder ein wunderschöner Ort, der hier mit natürlichen Materialien geschaffen wurde.

Unser Schlafplatz ist eine Art großer, überdachter Balkon mit zwei Matratzen und einem Mückennetz. Wir müssen unser „Zimmer“ (was eigentlich mehr einem großen Balkon mit Matratzen am Boden ähnelt) zunächst mit einem netten italienischen Pärchen teilen. Nach zwei Nächten dürfen wir dann in ein richtiges Doppelzimmer umziehen, da ein anderes Paar abreist. Kein Problem für uns!

Nach kurzer Zeit treffen wir auch den Gastgeber namens Pure. Er ist ein 38 Jahre alter Thailänder und wirkt zunächst überraschend schüchtern und introvertiert auf uns. Die Gruppe an Freiwilligen besteht nicht aus ca. 8 Personen, wie auf dessen Profil angegeben, sondern aus ungefähr doppelt so vielen. Gut für uns, denn wir haben uns in größeren Gruppen bisher immer sehr wohlgefühlt – es wird so nie langweilig!

Gearbeitet wird immer nur morgens für zwei Stunden (dies ist jedoch freiwillig). Am Nachmittag gibt Pure dann je nach Interesse interessante Vorträge oder Kurse zu verschiedenen Themen, wie zum Beispiel das Arbeiten mit Bambus, Pflanzenheilkunde, Pilzzucht, richtiges Kompostieren oder die Grundsätze einer Permakultur. Außerdem können wir auch unterschiedliche Sachen basteln oder anfertigen. So schnitzen wir zum Beispiel Essstäbchen aus Bambus oder machen selbst Farbe aus natürlichen Materialien wie zermahlenen Steinen oder Blüten, um anschließend mit ihnen zu malen.

Wir sind mal wieder richtig begeistert von der Wahl unserer Volunteering-Gelegenheit. Von der Gruppe, in die wir stoßen, sind die meisten schon am Ende ihres Aufenthalts angekommen. Nach und nach verlassen alle die Farm, und es kommen neue Leute dazu. Die neue Gruppe besteht abermals aus ungefähr 15 Personen. Zu unserer Überraschung sind diesmal gar keine Deutschen dabei. Es gibt Franzosen, Italiener, Amerikaner, Briten, einen Ungarn und eine Chinesin. Schon bald sind wir ein eingeschweißtes Team.

Die Leute, die wir dort treffen, sind teilweise sehr inspirierend. Zum Beispiel gibt es da ein französisches Paar, das ohne Flugzeug unterwegs ist. Müde von den vielen Busfahrten auf dem Weg von Frankreich bis nach Südostasien beschlossen sie, sich in Laos zwei Fahrräder zu kaufen und von nun an zu radeln. Außerdem machen sie Interviews mit Leuten, die sich in irgendeiner Art sozial engagieren. Zum Schluss soll dann ein kleiner Dokumentarfilm entstehen, der Menschen ermutigen soll, sich ebenfalls auf irgendeine Weise für einen sozialen Zweck einzusetzen.

Ein anderes Paar setzt sich in Großbritannien viel für Tiere und die Natur ein, sei es in Form von Freiwilligenarbeit oder beruflich. Viele von ihnen sind Veganer. Als wir erzählen, dass wir keine sind, verurteilen sie uns jedoch nicht, sondern es entstehen interessante und offene Gespräche. Ehrlich gesagt würde es für uns überhaupt kein Problem darstellen, Veganer zu werden, würden wir immer das sensationelle Essen bekommen, das wir dort kredenzt kriegen.

Die Mutter von Pure kommt täglich, um beim Kochen mitzuhelfen. Sie ist eine süße kleine Frau, die sensationell kochen kann. Vorher wird natürlich im eigenen Garten geerntet – frischer geht’s nicht!

Wir helfen ihr oft beim Kochen und lernen dabei viel über die thailändische Küche.

Es gibt pro Essen oft bis zu sieben verschiedene Gerichte, und wir sind mehr als zufrieden mit den sensationellen Geschmäckern, die wir dabei erleben dürfen.

An einem Abend meint Pure, dass die Weltmeisterschaften im Thaiboxen in der nahegelegenen Stadt stattfinden. Da Jonas sich schon länger einen solchen Kampf ansehen will, trifft sich die Gelegenheit gut. Pure hat einen 30 Jahre alten Pick-up-Truck, auf dessen Ladefläche wir uns alle zwängen, um damit in die Stadt zu fahren.

Schon als wir einen Parkplatz suchen, wird uns klar, was für ein riesiges Event das ist. Die Warteschlange am Eingang ist schon ein paar Hundert Meter lang. Wir überbrücken die Zeit erst mal mit einem Kaffee, während sich der Rest der Gruppe anstellt. Plötzlich bekommen wir die Nachricht, dass der Einlass begonnen hat. Wir beeilen uns, damit wir noch einen guten Platz bekommen. Aufgrund der Menschenmassen teilt sich die Gruppe unweigerlich auf.

Nun zu dritt unterwegs versuchen wir, einen guten Platz zu ergattern. Wir werden zu Sitzen geführt, von denen aus wir eine relativ gute Sicht zur Bühne und zum Boxring haben. Es gibt viele Fernsehkameras, Moderatoren und weiteren Klimbim. Die Musik ist ohrenbetäubend, und es gibt Reden von wichtigen Persönlichkeiten und Paraden des Militärs. Thaiboxen scheint wohl ein großes Ding in Thailand zu sein – wer hätte das gedacht? 😉

Als es endlich losgeht, sind wir schon fast wieder müde. Aber gut, da müssen wir jetzt durch. Die Kämpfe erweisen sich als brutaler als erwartet. Es gibt Kämpfer aus Thailand, aber auch aus dem Ausland. Komischerweise gewinnen aber immer nur die Thailänder in jeder Runde! Ist das Zufall? Naja, nach zwei Stunden holt Kathi erst mal etwas zu essen von draußen. Es gibt eine riesige Anzahl an Ständen. Diesmal soll es Sushi, Omelette mit Muscheln und scharfer Tintenfischsalat sein. Das Essen schmeckt wie immer hervorragend.

Als wir fertig sind, denken wir, dass die Kämpfe vorbei sind, und verlassen das Stadion, bevor die Massen an Menschen den Ort verlassen. Irgendwann, als wir schon auf der Straße sind, merken wir, dass die Meisterschaft noch gar nicht vorbei ist und nun noch die Frauen dran sind. Glücklicherweise kommen wir aber gerade an einem Restaurant vorbei, das einen Fernseher hat. Somit schauen wir den Rest einfach von dort aus. Ehrlich gesagt ist uns das auch lieber, da wir dort nicht den ohrenbetäubenden Lärm der Musik ertragen müssen.

Als der Kampf und die Siegerehrung vorbei sind, holen uns die anderen ab, und wir können endlich den Heimweg antreten. Vier Stunden beim Kämpfen zusehen ist schon eine Ansage! Trotzdem haben wir mal wieder etwas Neues gesehen und gelernt, und das ist das Tollste am Reisen. Das Lernen und Erfahren von Unbekanntem macht uns immer noch total viel Spaß.

Am nächsten Tag ist dann auch schon Heiligabend. Da wir Weihnachten noch nie außerhalb von Deutschland verbracht haben, wird das definitiv etwas Besonderes für uns. Morgens arbeiten wir erst mal noch unsere zwei obligatorischen Stunden ab. Wir entscheiden uns dafür, Bambus zu bearbeiten, weil Pure eine neue Toilette bauen will. Besonders Kathi macht es richtig Spaß, mit Bambus zu arbeiten.

Nach dem Mittagessen beginnen dann schon die Vorbereitungen für Heiligabend. Die anderen machen leckeres Bananeneis mit frischen Bananen aus dem Garten. Außerdem gibt es Bananenbrot mit veganer Schokolade.

Kathi ist auch ganz fleißig am Vorbereiten. Sie hat geplant, auf dem Yogadeck eine geführte Meditation mit dem Thema „Jahresabschluss“ für alle zu machen. Danach darf noch jeder sagen, wofür er in diesem Jahr dankbar war.

Tatsächlich wird es eine sehr schöne kleine Runde, und jeder hat tolle Sachen zu sagen. Danach gibt es wie immer ein überaus leckeres veganes Buffet. Wir beschließen, nach dem Abendessen ein Lagerfeuer zu machen.

Das britische Paar hat zusätzlich noch Teig vorbereitet, damit wir Stockbrot am Feuer grillen können. Dieses kann dann noch mit Zimtzucker verfeinert werden. Das passt überaus gut mit dem Eis und dem Bananenbrot zusammen.

Als wir unsere Bäuche dann endgültig voll haben, hat Kathi noch eine kleine Geschichte für alle vorbereitet, die sie am Feuer vorlesen will. Mithilfe von ChatGPT hatte sie eine Geschichte geschrieben, die von Weihnachten, aber auch vom Reisen handelt, damit sich alle damit identifizieren können. Die Story kommt gut an, und wir sind langsam alle in Weihnachtsstimmung.

Die Französin hatte aus Bambus dann noch ein kleines Zukunftsorakel gebastelt, in dem jeder einen kleinen Bambusstock aus einem Becher zieht. Jeder Stock ist dabei mit einer Nummer versehen, und die Nummer ist mit einem kleinen Spruch verbunden, der auf einem Zettel steht. Dieser Spruch soll ein kleiner Wegweiser für das kommende Jahr sein. Nachdem wir mit allem fertig sind, lassen wir den Abend noch schön am Feuer ausklingen.

Wir beschließen, das Schauen des Weihnachtsfilms auf den nächsten Abend zu vertagen, da es schon spät ist und wir alle langsam müde werden. Insgesamt verbringen wir wirklich ein schönes, aber doch etwas anderes Weihnachten auf der Farm. Aufgrund des Wetters kommt man irgendwie nicht so richtig in Weihnachtsstimmung. Deshalb hat sich das Heimweh wirklich in Grenzen gehalten. Trotzdem freuen wir uns auch wieder auf Weihnachten in Deutschland. Es ist einfach viel festlicher und gemütlicher.

Die letzten Tage auf der Farm vergehen wie im Flug. Einmal ist Pures Vater mit ein paar Freunden zu Besuch. Sie haben selbstgebrannten Schnaps und Bier dabei und laden uns ein, mitzutrinken. Obwohl wir uns überhaupt nicht mit ihnen verständigen können, da sie kein Englisch und wir kein Thailändisch sprechen, wird es ein lustiger Abend. Pures Vater ist trinkfest, wirkt aber irgendwann auch ganz schön betrunken. Irgendwann sehen wir ihn, wie er auf dem Boden zu seinem Motorrad kriecht! Kurzerhand setzt er sich drauf und fährt damit heim. Pure meint, das wäre normal, und wir müssten uns keine Sorgen machen. Andere Länder, andere Sitten!

Schon bald naht unser Abreisetag, und wir müssen abermals sagen, dass das vermutlich unser bestes Volunteering war, weil wir einfach so viele verschiedene Sachen lernen und ausprobieren durften. Die Verabschiedung fällt uns sichtlich schwer. Pure fährt uns noch zu einem geeigneten Platz, um als Anhalter in die nächste Stadt mitgenommen zu werden.

Es soll über Silvester zurück nach Chiang Mai gehen. Schon in der ersten Sekunde, als wir unser Schild mit dem Namen der Stadt hochhalten, hält ein freundlicher Mann an, der uns mitnimmt. So einfach war Trampen noch nie! Und so geht ein weiteres ereignisreiches Kapitel zu Ende. Wie wir dieses Jahr einmal ein ganz anderes Silvester feiern und unsere Reise dann weitergeht, erfahrt ihr im nächsten Eintrag! Bleibt dran!


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert