05.03 – 07.03
Unsere nächste gebuchte Unterkunft befindet sich ebenfalls in einem etwas abgelegenen Dörflein namens Cuispes. Genauso wie das vorangegangene Cocachima ist es von Bergen umgeben. Von der Hauptstraße nach Cuispes trennt uns noch eine circa 20-minütige Tuktuk-Fahrt. Über zahlreiche Serpentinen erreichen wir Cuispes, das auf 1.800 Höhenmetern liegt. Unsere Tuktuk-Fahrerin lässt uns circa 200 Meter von unserer Unterkunft aussteigen, da die Steigung für das Gefährt inklusive uns drei eindeutig zu wenig Pferdestärken besitzt. Am Rande von Cuispes liegt unsere Unterkunft mitten im Grünen. Unser peruanischer Gastgeber Richard empfängt uns herzlich mit einem wärmenden Tee aus Guave, frisch aus dem Garten geerntet.


In der Lehmhütte, welche die Küche darstellt, ist alles recht rustikal und improvisiert. Überall laufen sehr zutrauliche Hunde und Katzen herum. Richard erzählt uns, dass er alle Tiere gerettet hat. Einer der Vierbeiner ist blind und ein anderer hat nur drei Beine. Nach dem leckeren Tee zeigt uns Richard seinen Aussichtspunkt, der circa zwei Minuten weiter den Berg hinauf liegt. Dort werden wir von einem atemberaubenden Weitblick überrascht. Die kühle und wolkige Landschaft hat etwas Magisches.

Als wir unser Zimmer beziehen, sehen wir ein großes Frida-Kahlo-Plakat. Darauf zu sehen ist unser Gastgeber als Frida Kahlo in Szene gesetzt. Stolz erzählt er uns, dass er Schauspieler ist und auch schon in Deutschland gespielt hat. Zwischen dem Zimmer von Graham und Kathi und Jonas ist eine Wand aus Bambus mit vielen großen Schlitzen, Privatsphäre ist hier also Fehlanzeige! Da es erst gegen 20:30 Uhr Abendessen geben wird und unser texanischer Freund deshalb sicherheitshalber schon früher ein erstes Abendessen zu sich nehmen will, entscheiden wir uns, ihn in das Dorf zu begleiten. Es fängt bereits an zu dämmern, als wir den Dorfplatz erreichen. Von der Musik eines am Dorfplatz anliegenden Restaurants lassen wir uns anziehen. Darin sitzen acht bis zehn Einheimische und ein europäisch aussehender Mann mit Brille. Er und seine beiden kleinen Kinder essen gerade Pommes. Wir setzen uns an den Nebentisch und bestellen uns ein Bier. Während Graham die Küche aufsucht, um etwas zu essen zu besorgen, kommen wir mit dem Gringo ins Gespräch. Er ist Deutscher und stellt sich als Stefan vor. Er kommt aus Greifswald, sagt er. Plötzlich erinnert sich Kathi an einen recht umfangreichen Reiseführer, den sie in Cocachima rumliegen gesehen hat. Der Autor ist ebenfalls ein Deutscher gewesen. Und Kathi hat recht, vor uns steht der Autor Stefan Ziemendorff. Er ist hier im Norden von Peru eine kleine Berühmtheit, da er als Entwicklungshelfer seit vielen Jahren stark dazu beiträgt, den Tourismus in dieser Gegend voranzutreiben. Er ist auch derjenige, der im Jahre 2003 den höchsten Wasserfall Perus, den Gocta Wasserfall, für die Öffentlichkeit und den Tourismus zugänglich gemacht hat. Davor kannten ihn nur Einheimische, und er war bis dahin auch noch nicht vermessen. Schnell holt er ein paar Exemplare des Reiseführers, den er geschrieben hat, aus seinem Zimmer, um ihn uns zu zeigen. Wir hoffen, dass er uns vielleicht ein Exemplar schenken will, aber leider erwähnt er kurz darauf den Preis für sein Werk. Wir lehnen dankend ab, aber fotografieren Informationen von Orten, die wir interessant finden. Danach machen wir uns auf, um in unserem Hostel zu essen. Der Inhaber Richard kocht ausschließlich vegetarisch (außer er kommt an Fleisch von einem Tier, welches auf natürlichem Weg gestorben ist), und wir freuen uns sehr auf sein Essen. Hier in Peru ist es ja auch nicht gerade einfach, an vegetarisches Essen zu kommen. Außerdem kommt das meiste Essen, was er uns auf den Tisch zaubert, aus seinem Garten. Diesen Abend gibt es leckere Pasta aus Karotten mit Salat und als Nachspeise eine exotische Frucht namens Cherimoya.


Am nächsten Tag machen wir uns auf zu einer Wanderung, an der wir an vielen Wasserfällen vorbeikommen werden. Der letzte Wasserfall ist auch einer der größten in Peru und besteht aus insgesamt fünf Wasserfällen hintereinander. Vorher stärken wir uns jedoch noch mit einem leckeren Frühstück aus Vollkornbrot, Erdnussmousse, selbstgemachter Feigenmarmelade und Ziegenkäse. Es gibt wieder Guaventee und einen unglaublich leckeren Kaffee. Der ist aus der Region und sieht aus wie Schwarztee, der Geschmack ist richtig fruchtig und gar nicht bitter. Einer der Hunde des Hostels begleitet uns auf unserer Wanderung. Zuerst gehen wir einen Schotterweg entlang, steil bergauf, bis wir dann schließlich in einen kleinen Dschungelpfad einbiegen. Immer wieder gibt es Aussichtspunkte und Plätze zum Verweilen. Leider regnet es auch ganz schön zwischendurch, aber als wir schließlich am letzten Wasserfall ankommen, hört der Regen auf, und wir können den Ausblick auf den Wasserfall genießen. Auch wenn der Regen nervig ist, lohnt es sich, da die Aussicht danach umso spektakulärer ist, weil dann tiefe Wolkenschwaden in der Luft hängen. Das gibt der Natur etwas Mystisches.


Als wir wieder zurückkommen, machen wir es uns erstmal beim Aussichtspunkt unseres Hostels gemütlich und hängen dort noch unsere Hängematten, die wir noch von der Bootsfahrt haben, auf. Abends soll es ein großes Dinner geben. Unser exzentrischer Gastgeber Richard ist schon eine Sache für sich. Immer wieder redet er davon, wie wichtig gesundes Essen ist und wie grausam die Menschen zu Tieren sind. Deshalb hätte er sich vor mehreren Jahren dazu entschieden, vegetarisch zu essen. Jonas und ich stimmen ihm zu und lachen uns immer wieder ins Fäustchen, weil Graham das komplette Gegenteil darstellt. Er sagt immer, dass er Fleisch unbedingt braucht, sonst kann er nachts nicht schlafen. Außerdem mag er keine Tiere. Am liebsten würde er jeden Tag dreimal Fleisch essen. Natürlich haben wir ihn deswegen schon des Öfteren kritisiert, jedoch hält er vor Richard mit seiner Ablehnung gegen Tiere erstmal hinter dem Berg, um nicht anzuecken. Als Richard ihm plötzlich seine Handykamera ins Gesicht hält, um ein Video für Instagram zu machen, fragt er ihn, wieso er das Hostel mag und was besonders daran ist. Graham antwortet verlegen, was er am Hostel gut findet. Dann fügt Richard noch hinzu, dass doch auch die ganzen Tiere des Hostels den Ort zu etwas Besonderem machen würden. Daraufhin stimmt ihm Graham zu, und wir lachen uns innerlich tot, weil wir wissen, dass Graham genau das am Hostel überhaupt nicht mag. Immer wieder fängt unser Gastgeber mit dem Thema Vegetarismus und Tierwohl an, und Graham fühlt sich sichtlich unwohl, während wir schon etwas schadenfroh sind. Wir finden es lächerlich, wie sehr Graham auf seine fleischbewusste Ernährung achtet und behauptet, er könne ohne Fleisch nicht leben. Zum Abendessen gibt es dann ein veganes Gulasch aus Fleischersatz und einem Salat. Wir lieben die Küche von Richard und finden das fleischlose Essen wunderbar. Am nächsten Morgen gibt es dann wieder ein leckeres Frühstück unter freiem Himmel. Da Richard inzwischen mitbekommen hat, dass Graham eigentlich gerne Fleisch isst, hat er ihm Tamales (gefüllte Maistaschen) gezaubert. Diese sind mit Rindfleisch gefüllt. Dabei fügt er hinzu, dass die Kuh an einem natürlichen Tod gestorben sei. Graham scheint etwas angewidert, und meint zu uns, dass er gerne wissen würde, an was die Kuh wohl gestorben sei und ob er ihre vermeintliche Krankheit jetzt mitessen würde. Wir sind wieder mal schadenfroh und denken uns, dass es ihm recht geschieht, dass er jetzt die alte Kuh essen muss. Nach dem Frühstück machen wir uns dann auch schon auf zu unserem nächsten Ziel. Wir wollen nach Nuevo Tingo. Dort gibt es eine Ausgrabungsstätte, die das Machu Picchu des Nordens genannt wird. Dort werden wir dann statt zwei geplanten Tagen eine ganze Woche verbringen, denn wir nehmen an einer besonderen Zeremonie teil!





