20.02 – 02.03
Wir erreichen Taganga mit dem Bus. Um dort hinzukommen, trennt uns von unserem Ausgangspunkt nur noch ein Berg. Als wir an der Bergspitze ankommen, werden wir von einer tollen Aussicht überrascht. Wir erblicken ein von Bergen umgebenes kleines Dorf in einer Bucht. Als wir das Dorf erreichen fällt uns auf, dass es kaum asphaltierte Straßen gibt, und das obwohl der Tourismus hier seit über 20 Jahren auf Hochtouren läuft. Das Dorf ist vor allem dafür bekannt, dass man günstig den Tauchschein machen kann. Wir aber haben mehr Interesse uns an leckerem Fisch zu laben und an einem Ort zu sein, an dem nicht nur Touristen sondern auch Einheimische sind. Jonas ist gleich ganz begeistert vom Vibe des Ortes. Am gleichen Abend lassen wir es uns erstmal im besten Restaurant des Dorfes richtig gut gehen und gönnen uns die leckeren Früchte des Meeres.


Als wir im Hostel ankommen, sind wir von der Freundlichkeit der anderen Gäste und Mitarbeiter gleich ganz begeistert. Es herrscht eine sehr familiäre Atmosphäre und der Ausblick aufs Meer von der Dachterrasse aus ist phänomenal. Bald lernen wir auch, dass in unserem Hostel namens „La Tortuga“ der Name Programm ist, da uns immer wieder eine Schildkröte über den Weg läuft. Lustigerweise wird das Hostel von einem Kerl aus Nürnberg, der während der Corona Zeit hier hängengeblieben ist, geführt. Das Hostel gehört seiner kolumbianischen Freundin, die er sich hier vor ein paar Jahren angelacht hat. Wir haben Lust, eine Wanderung zu einer nahe gelegenen Bucht zu machen. Gemeinsam mit einem circa 45-jährigen Amerikaner und zwei jungen Mädels aus London starten wir den Hike. Der redseelige Amerikaner hat bereits vor Beginn unserer Wanderung mindestens zwei große Literflaschen Bier intus. Nichtsdestotrotz wirkt er nicht betrunken. Der Körper wächst eben mit seinen Aufgaben. Unser Plan ist dort den Sonnenuntergang mit einem kühlen Bier zu begrüßen. Die Uhrzeit ist gut geplant, denn die meisten Strandgäste verlassen den Ort als wir dort ankommen. Auf dem Rückweg zeigt uns der Amerikaner noch ein paar schöne Plätze mit tollen Ausblicken. Da wir uns vorgenommen hatten, aus Kostengründen mehr selber zu kochen, statt ständig essen zu gehen, kommt uns die Info ganz recht, dass vom Hostel aus ein Kochabend geplant wird. Jeder soll ein typisches Gericht aus seiner Heimat kochen. Da Jonas leidenschaftlich gerne Kartoffelsalat macht, freut er sich, eine Gelegenheit zu bekommen, eines seiner Leibgerichte zaubern zu können. Obwohl wir keine Petersilie, Essiggurken oder Radieschen finden können, wird es ein Gaumenschmaus. Dazu passen auch gut die Fleischpflänzchen, welche von einer Gruppe junger Deutscher zubereitet wird. Als es Abend wird tummeln sich immer mehr Hostelgäste in der Küche, um Ihr Gericht zuzubereiten. Schon bald herrscht dort ein reges Treiben. Bis zu fünf verschiedene Gerichte werden dort gleichzeitig zubereitet. Wir stattdessen haben unseren Kartoffelsalat in weiser Voraussicht schon längst fertig im Kühlschrank geparkt. Wir holen uns einen Espresso Martini an der Bar und beobachten latent schadenfroh die gestressten Köche. Nach circa dreistündiger Verzögerung sind endlich alle Gerichte fertig zubereitet. Wie du sehen kannst hat sich das Warten gelohnt, denn es entsteht ein Buffet an internationalen Köstlichkeiten. Unser Kartoffelsalat kommt mega gut an. Besonders die Kolumbianer sind überraschend begeistert von Jonas‘ Kreation. Alles in allem ist der Kochabend ein toller Abschluss für Taganga. Vollgegessen mit Köstlichkeiten aus aller Welt gehen wir glücklich ins Bett. Denn am nächsten Tag ist schon Abreise angesagt.






Unser nächstes Ziel ist…
…Medellin
Nach einer 16-stündigen Busfahrt in den inneren Teil von Kolumbien erreichen wir die fünf Millionen Einwohner Stadt früh morgens. Die Stadt ist umgeben von Bergen und selbst in dem steilen Gebirge befinden sich Stadtteile. Später erfahren wir, dass Medellin in der Vergangenheit viel Migration aus dem nördlicheren weniger fortschrittlichem Teil von Kolumbien erlebt hat. Sowas wie Stadtplanung gab es damals in Medellin nicht. Deshalb die vielen Wellblechhütten im Gebirge und konträr dazu Stadtteile mit Wolkenkratzern. Das Außergewöhnliche an der Stadt liegt darin, dass es die einzige Stadt mit Metro, Rolltreppen und Seilbahn ist. Dies ist notwendig, da die vielen Höhenmeter anders nur schwer überwindbar wären. Früher war Medellin sehr gefährlich. Auch Pablo Escobar und die Narcos haben von hier aus viel gelenkt. Kriminalität und Gewalt standen hier an der Tagesordnung. Obwohl die Stadt immer noch viele Orte hat, welche äußerst gefährlich sind und Touristen diese deshalb besser meiden sollten, hat sich die Großstadt durch eine Art Abmachung zwischen Politik und Mafia verhältnismäßig zum Besseren entwickelt.
Wir kommen an unserem ersten Tag in Medellin schon um 9 Uhr morgens am Hostel an. Da wir noch nicht einchecken können, chillen wir ein bisschen auf der Terrasse. Sogleich werden wir wieder von einem sonderbaren Individuum zugelabert. Der Deutsch-Venezolaner Manuel ist sehr an Finanzen interessiert und will uns anhand von venezolanischen Geldscheinen erklären, wie Inflation funktioniert. Er packt ungefähr fünf Stapel mit in Plastikfolie umwickelten Scheinen aus seinem Rucksack. Der erste Stapel besteht aus circa 15 Jahre alten Geldscheine aus Venezuela, der Zweite aus weniger alten und so weiter. Je jünger die Banknoten werden, desto mehr Nullen haben die Scheine, da die Inflation über die Jahre in Venezuela immer mehr zunahm. Danach erklärt er uns, dass wir unbedingt in Edelmetalle investieren sollten, wenn wir verhindern wollen, dass unser Geld an Wert verliert. Wir können ihn da gerne um Rat fragen, falls wir einen Experten brauchen oder gar investieren wollen. Immer mehr fragen wir uns, mit welchem Hintergedanken er uns zutextet, aber irgendwie wundern wir uns auch langsam über garnichts mehr.
Am nächsten Tag treffen wir uns morgens mit Graham. Er ist aus den USA und wir hatten ihn bereits vor zwei Jahren in Mexiko kennengelernt. Dazwischen hatte er uns sogar mal in Regensburg besucht und da er seitdem immer noch auf Reisen ist, hat er beschlossen, uns für längere Zeit zu begleiten. Von nun an also zu dritt. Wir sind gespannt und freuen uns auf den Zuwachs. Er ist ein lustiger Kauz und definitiv kein Kind von Traurigkeit, aber dann wird’s wenigstens nicht langweilig denken wir uns. Abends beschließen wir, eine Tour durch die sogenannte „Comuna 13“ zu machen. Das ehemals gefährlichste Viertel Medellins trägt viel Geschichte in sich und wir erfahren interessante Details über die dunkle Zeit der Stadt, in der viele Menschen ihr Leben lassen mussten. Heutzutage ist es ein pulsierendes Viertel, in dem Einheimische auf Touristen treffen. Es gibt viel Street Art, in der die Geschichte der Stadt oder etwa wichtige gesellschaftliche Ereignisse bildlich dargestellt werden. Besonders interessant ist hier die Fortbewegung. Es gibt Rolltreppen auf den Straßen statt Treppen. Nach der Tour gönnen wir uns noch etwas Streetfood und wollen danach auch zeitig ins Bett, da am nächsten Tag eine Wanderung etwas außerhalb von Medellin ansteht.






Wir vertrödeln den nächsten Morgen ein wenig und stärken uns vor der Wanderung noch mit einem „Menu del Diá“ (Tagesgericht). Dies wird oft Mittags in einfachen Restaurants angeboten und man bekommt für circa 3 Euro typisch kolumbianisches Essen bestehend aus einer Suppe, einem Hauptgericht und einem Getränk. Danach bestellen wir uns einen Uber zur Gondelstation. Von der Gondel aus hat man einen super Ausblick über Medellin. Wir kommen immer höher und nach und nach geht das urbane Bild immer mehr in Natur über. Irgendwann sehen wir nur noch einen dichten Wald unter uns. Kaum zu glauben, dass so nah an dieser Großstadt so schöne scheinbar unberührte Natur ist. Wir müssen ungefähr eine halbe Stunde mit der Gondel fahren, bis wir an dem riesigen Park namens Arvi, in dem wir wandern wollen, ankommen. Wir sind gleich von der Einzigartigkeit des Waldes begeistert. Zuerst geht es durch einen sehr kleinen Pfad durch dichtes Gehölz, und nach und nach wird der Weg breiter. Der Wald scheint eine sonderbare Mischung aus Nadelwald und Dschungel zu sein, und wir sind uns einig, so etwas noch nie gesehen zu haben. Als wir mit einem Abschnitt des Parks fertig sind, einigen wir uns darauf, dass wir Lust haben, noch ein anderes Stück des Parks zu bewandern. Hierfür müssen wir jedoch ein Stück an einer Straße entlanggehen, um dorthin zu gelangen. Graham erspäht plötzlich ein kleines Riesenrad für Kinder am Wegesrand. Es kann mit einer Kurbel per Hand betätigt werden und sieht schon sehr rostig und in die Jahre gekommen aus. Kathi merkt gleich, dass das Ding gefährlich sein könnte und kann Jonas gerade noch davon überzeugen, sich nicht reinzusetzen. Graham der alte Kindskopf muss sich mit seiner relativ großen Körpergröße natürlich in die kleinen Gondeln zwängen. Und so nimmt das Unheil seinen Lauf. Als er sich in eine der Gondeln zwängt, bewegt sich das Riesenrad nach hinten und er wird mit seinem Kopf von der nächsten Gondel fast geköpft. „I need help, seriously!“, schreit er panisch und Jonas kann seinen eingeklemmten Kopf gerade noch zur Seite schieben und ihn befreien. Kathi denkt sich nur, wie das wohl mit den beiden Kindsköpfen die nächste Zeit werden soll und fühlt sich jetzt schon ein bisschen wie die Mama, die die beiden von etwaigem Unfug fernalten muss. Die danach anstehende Fortsetzung der Wanderung wird nicht minder abenteuerlich. Kathi kommt zum wiederholten Male auf die glorreiche Idee, Abenteuerpunkte zu sammeln, indem sie „Abkürzungen“ gehen will. Die Orientierung erfolgt durch die Navigationsapp Maps.me, in der auch sehr kleine Pfade angezeigt werden. Jonas denkt sich, dass er eigentlich langsam genug von Kathis abenteuerlichen Wegänderungen hat. Schon in Tayrona Park hatte uns das ja nicht wirklich weiter gebracht. Natürlich entpuppt sich die kleine Abkürzung zu einem Pfad, der plötzlich garnicht mehr in der App vorhanden ist. Zusätzlich mussten wir die letzte Gondel erwischen, die in einer halben Stunde fahren würde. Dank der Hilfe von einigen Einheimischen schaffen wir es aber dann doch rechtzeitig zur Gondel und fahren bis zu der Station, in der wir in eine andere Gondel umsteigen müssen. Wir beschließen, auszusteigen und ein Bier zu trinken. Wir kennen das Viertel nicht aber finden, dass es vom Aussehen her der Comuna 13 ähnelt, außer dass eigentlich keine Touristen zu sehen sind. Hier wird Graham dann auch noch fast von einem der Stadtbusse überrollt. Die Gassen sind zwar mega eng und steil, das hält die riesigen Busse jedoch nicht ab, mit einem Affenzahn den Berg hinunterzurollen. Wer sich da nicht in Sicherheit bringt und wie Jonas und Kathi in eine Einbuchtung der Straße springen kann, wird wahrscheinlich einfach überfahren. Der Bus streift Grahams Knie fast und somit wird er bald seine drei Leben verspielt haben. Zum Schluss kommen wir jedoch dann doch noch alle drei sicher in unserem Hostel an und freuen uns, dass noch alle gesund und munter sind.







Insgesamt werden wir dann fast eine Woche in Medellin verbringen und sehen sowohl Orte, die gentrifiziert, westlich und gepflegt sind, als auch Viertel, in denen uns viel Elend begegnet. Medellin ist definitiv eine Stadt der Gegensätze, aber wir sind uns einig, dass so eine Großstadt auf die Dauer auch sehr auslaugend sein kann. Nach 6 Tagen reicht es uns dann und wir brechen in das zwei Stunden entfernte Guatapé auf. Der Ort ist für einen großen Felsen, den man erklimmen kann, bekannt. Außerdem ist es dort sehr ländlich und man kann seine Batterien wieder aufladen und die vielen Eindrücke verarbeiten.





