High von Nüssen, aber nüchtern ins neue Jahr: Unser kurioser Weg von Thailand nach Taiwan


30.12-12.01

Natürlich schlafen wir in Chiang Mai wieder bei unserer geliebten Nuy, der herzlichen und etwas chaotischen Hosteleigentümerin mit leckerem Abendessen.

Bei ihr wollen wir das neue Jahr mal etwas anders einleiten als üblich. Hier gibt es zwar ebenfalls viel Feuerwerk, aber zusätzlich eben auch noch Laternen, die man in den Himmel steigen lässt. Und darauf freuen wir uns sehr. Als wir uns nach dem Abendbuffet noch einmal auf unser Zimmer zum Verdauen verdrücken und dann gegen 21 Uhr mit dem Roller in die Altstadt fahren, um bei einer von buddhistischen Mönchen geführten Zeremonie teilzunehmen, geht es auf den Straßen schon heiß her. Viele betrunkene und johlende Touristen streunen umher. Am größten Tempel angekommen, beobachten wir bereits Mönche beim sogenannten Chanting, einer Art kollektives Beten. Begleitet werden sie von Hunderten anderen, auf Teppichen sitzenden Gläubigen und Interessierten, welche mit einer weißen Schnur miteinander verbunden sind. Soweit wir richtig informiert sind, soll dies die Verbundenheit aller miteinander symbolisieren.

Während wir uns auf dem Gelände umsehen, suchen wir gleichzeitig auch nach einer Möglichkeit, irgendwo die weißen Papierlaternen herzubekommen. Doch nirgends sind Laternenverkäufer zu sehen. Wir werden schon langsam nervös, da wir befürchten, das Neujahr ohne eigene Laterne dazustehen. Auch die anderen Leute können uns in dieser Hinsicht nicht wirklich weiterhelfen. Deshalb machen wir uns wieder auf den Weg zu Nuy. Dort wird schon fleißig geböllert, getrunken und gekifft. Nuy läuft mit einem Spielzeugmikrofon herum, welches ihre Stimme lustig verhallt, und singt unbekannte Lieder. Irgendwann bringt einer ihrer Mitarbeiter die von uns heiß ersehnten Laternen. Glück gehabt! Sie hat scheinbar ein großes Sortiment gekauft, damit wirklich jeder Gast eine Laterne bekommt. Süß! Sie erklärt uns, dass wir auf das dünne Pergamentpapier unsere Wünsche für das nächste Jahr schreiben können, was wir dann auch tun. Als wir damit fertig sind, beobachten wir, wie einer ihrer Mitarbeiter schon die erste Laterne schweben lässt. Zusätzlich hängt der Mitarbeiter aber auch noch kleine Raketen an die Laterne. Entgeistert blicken wir uns gegenseitig an und deuten auf die vielen Stromkabel, welche chaotisch in etwa vier Metern Höhe über der Straße hängen. Die Laterne wird hoffentlich nicht darin hängen bleiben, denken wir uns! Zusätzlich sind überall Menschen unterwegs und natürlich auch Autos. Das kann nur schiefgehen, fürchten wir! Als die Laterne scheinbar genug warme Luft durch die Kerze in der Mitte (ähnlich wie bei einem Heißluftballon) gesammelt hat, zündet der von Feuerwerk angeheizte Feuerteufel das an der Laterne hängende Feuerwerk an, bis die Zündschnur brennt, und lässt die Laterne los. Nur leider hat er sich mit der Flugkraft verschätzt. Denn statt nach oben zu steigen, kommt die Laterne wieder in Richtung Asphalt. Die Meute grölt und hält sich entgeistert die Hände an die Schläfen, während der Feuerteufel die Laterne immer wieder nach oben schubst. Irgendwann steigt die Laterne dann wirklich nach oben und sogar wie durch Geisterhand an den Stromkabeln vorbei. Nun sind keine Hindernisse mehr in Sicht, und die Zündschnur ist komplett abgebrannt. Ein ohrenbetäubender Lärm und viele bunte Farben breiten sich über der Menschenmenge aus, die hellauf applaudiert und wie durch ein Wunder unverletzt bleibt. Welch wahnwitziges und brenzliges Ereignis. Nuy ruft nun dazu auf, sich in die nahegelegene Innenstadt aufzumachen, um dort abseits der gefährlichen Kabel die Laternen sicher aufsteigen zu lassen. Wir und etwa zwanzig andere Gäste schließen sich ihr an. Die Straßen sind nun voll mit Menschen, welche die weißen Laternen aufsteigen lassen.

Auch wir und die anderen Gäste machen sich bereit. Wir diskutieren kurz über die Technik des Anzündens, da wir beobachtet haben, dass andere Laternennovizen versehentlich das dünne Papier angezündet haben. Wir sind uns deshalb schnell einig, dass wir wohlüberlegt vorgehen müssen. Während wir etwas abseits von den anderen immer noch diskutieren, wie wir die Laterne aufsteigen lassen wollen, beobachten wir, wie die Polizei plötzlich alle Laternen einsammelt. Wir haben Glück, dass wir etwas weiter weg sind, und können deshalb unsere Laterne verstecken. Scheinbar ist es wohl nicht erlaubt. Komisch. Es machen doch sonst alle. Und auch der Himmel ist voll mit Laternen. Wir warten ab, bis die Polizei wieder weg ist, und zünden unsere Laterne an. Glücklicherweise geht es nicht schief. Weder zünden wir das Papier der Laterne an, noch verfängt sich die Laterne irgendwo.

Wir blicken dem Licht noch eine Zeit lang hinterher und machen uns dann auch schon wieder auf den Heimweg, um schlafen zu gehen.

Am nächsten Morgen haben wir nämlich vor, um neun Uhr morgens beim Yoga im Park zu sein. Dabei wird uns bewusst, dass wir ganz stolz sind, keinen Schluck Alkohol getrunken zu haben. Wir fühlen uns deshalb ausgezeichnet und frisch, als wir morgens zu unserer Sporteinheit erscheinen.

Ein Marokkaner hält diesmal die Yogaeinheit. Das Yoga ist ganz besonders, da er auch viel über die spirituellen Grundsätze erklärt – Jonas meint danach sogar, dass die Einheit für ihn ein richtiges meditatives Aha-Erlebnis war. So gut haben wir uns am 1. Januar wohl noch nie gefühlt, da wir sonst eigentlich immer verkatert im Bett lagen. Generell trinken wir inzwischen eigentlich kaum mehr Alkohol. Wir merken, wie einfach das ist, wenn die Freunde um einen herum nicht jedes Wochenende am Trinken sind. Naja, frisch gestärkt machen wir uns dann am Abend auf den Weg zum Bus, denn es geht im Nachtbus nach Bangkok. Von dort aus geht nämlich unser Flug nach Taipei, der Hauptstadt von Taiwan. Nach einer Nacht in Bangkok besteigen wir den Flieger und landen ein paar Stunden später im bewölkten Taipei. Dort bleiben wir jedoch nicht, da uns die Übernachtungen zu teuer sind. Wir fahren mit dem Zug gleich weiter in das vier Stunden entfernte Hualien.

Die Stadt soll nämlich neben einem Nationalpark sein, in dem wir wandern wollen. Als wir aus dem Zug steigen, gehen wir erstmal zu unserem Hotel. Dort wartet nämlich unser alter Reisefreund Graham auf uns, denn er ist auch gerade in Taiwan. Als wir ankommen, sind wir erstmal richtig positiv von unserem Hotelzimmer überrascht.

Nach der langen Zeit in der rustikalen Bambushütte auf der Farm sind wir solchen Luxus gar nicht gewohnt. Es gibt eine große Fensterfront mit Ausblick ins Grün, eine Klimaanlage, die sogar heizt (es ist gerade Winter in Taiwan), und einen Flachbildschirm-TV. Mit dem Wetter haben wir hingegen nicht so Glück. Es ist zwar nicht kalt, aber doch recht bewölkt. Das soll sich auch so schnell nicht ändern, wie wir bald schmerzlich herausfinden werden. Aber das hält uns natürlich nicht davon ab, die Gegend zu erkunden. Unser Plan ist erstmal, mit dem Bus zu einem kleinen Strandpark zu fahren, um spazieren zu gehen. Im Bus treffen wir eine Französin, die etwas verloren wirkt. Sie meint, sie sei auf dem Weg in den Nationalpark, der noch etwas weiter weg liegt als der Strandpark. Aufgrund der fortgeschrittenen Uhrzeit raten wir ihr jedoch ab, noch in den Nationalpark zu fahren, immerhin würde es in zwei Stunden schon dunkel werden. Sie ändert also ihre Meinung und schließt sich uns an. Der Strand ist wirklich wunderschön und das Wasser türkis. Es gibt auch keinen Müll wie sonst so oft in anderen Ländern. Das graue und windige Wetter ist jedoch schon ein bisschen doof, finden wir. Aber gut, man kann immerhin nicht alles haben.

Nach unserem Strandspaziergang fahren wir zusammen per Anhalter wieder in die Stadt und verabreden uns für den nächsten Tag, alle gemeinsam eine Wanderung im Nationalpark zu machen. Als wir am nächsten Morgen im Bus sitzen und auf die Abfahrt warten, eilt die verpeilte Französin im letzten Moment noch herbei und kann den gerade abfahrenden Bus noch anhalten.

Nach einer Stunde Fahrt kommen wir dann im Nationalpark an. Als wir im Infozentrum nach Tipps für Wanderungen fragen, erwartet uns jedoch eine böse Überraschung: Aufgrund des vorangegangenen Erdbebens im April letzten Jahres sind alle Wanderrouten gesperrt. Na toll! Enttäuscht setzen wir uns auf Bänke und verzehren erstmal unser mitgebrachtes Mittagessen. Da die Französin eh geplant hatte, auf der Straße, die durch den Nationalpark führt, ins Landesinnere zu trampen, verabschiedet sie sich, um ihr Glück zu versuchen. Wir hingegen versuchen, eine Lösung zu finden, um doch einen Teil des Nationalparks zu sehen. Uns fällt ein, dass eine wenig befahrene Straße durch den Nationalpark führt. Autos dürfen ja durchfahren. Warum folgen wir nicht einfach mal der Straße und schauen, wohin sie uns führt? Gesagt, getan! Erstmal geht es durch einen Tunnel. Es gibt aber zum Glück einen Bürgersteig, auf dem wir laufen können. Das macht das ganze wesentlich entspannter.

Der Tunnel führt auch immer wieder nach draußen zu kleinen Aussichtsplattformen, von wo aus immer wieder Wanderwege abzweigen. Langsam sehen wir, wieso die Wege gesperrt sind. Es ist alles ganz schön zerstört worden, und viele Wege existieren einfach nur noch teilweise. Als wir immer tiefer in den Park eindringen, sehen wir das ganze Ausmaß der Zerstörung. Straßen sind nicht befahrbar, weil große Gesteinsbrocken darauf liegen, oder sie sind eingefallen, und es gibt tiefe Erdlöcher. Der verfallene Nationalpark beginnt irgendwie doch seinen ganz eigenen gruseligen Charme zu entwickeln, und es ist einfach mal eine ganz andere Erfahrung. Einmal gehen wir auch verbotenerweise einen kleinen Teil eines gesperrten Weges, weil wir sonst wieder durch einen Tunnel müssten. Es ist aufregend, denn wir haben ein bisschen Angst, erwischt zu werden. Es geht jedoch alles gut.

Als wir weiter die Straße entlanggehen, kommen wir zu einem Tempel, der sogar noch geöffnet ist. Oben im Tempel gibt es einen wunderschönen Ausblick auf die umliegenden Berge, die von einem mystischen Nebel bedeckt sind.

Als wir unseren Spaziergang fortsetzen, gehen wir an einer Straße entlang, die halb in ein Flussbett hineingefallen ist. In der Ferne sehen wir einen weiteren Tempel, und daneben fließt ein Wasserfall.

Alles hat eine gespenstische Atmosphäre, da es so verlassen und zerstört ist. Das neblige und bewölkte Wetter trägt zusätzlich dazu bei. Langsam machen wir uns wieder auf den Heimweg.

Am nächsten Tag geht’s weiter in die nächste Stadt, beziehungsweise besser gesagt in einen kleinen Ort außerhalb der Stadt Taitung. Das Hostel ist wieder etwas ganz Besonderes. Es ist ein kleines Häuschen, und der Besitzer ist ganz charmant und kann gut Englisch. Als wir in den ersten Stock gehen, ist da ein Zimmer, welches komplett voll mit Kuscheltieren aus Pokémon ist. Wir haben uns ein Doppelzimmer genommen, während Graham im Mehrbettzimmer schläft. Die Größe unseres Zimmers ist wirklich rekordverdächtig klein. Es beinhaltet eigentlich nur ein Bett, größer als 5 Quadratmeter kann es nicht sein. Aber immerhin besser als im Mehrbettzimmer, und das zum gleichen Preis! Das lassen wir uns natürlich nicht entgehen. Die Tage dort verlaufen ruhig und entspannt. Wir verbringen Zeit damit, Videocalls mit potenziellen Arbeitgebern aus Kanada bezüglich unseres Work & Travel zu führen, gehen an der Küste entlang oder wandern in der Natur.

Die Sonne lässt sich leider immer noch nicht wirklich oft blicken, außer vielleicht eine Stunde morgens. Dabei merken wir erst, wie wichtig uns die Sonne eigentlich ist, denn das trübe Wetter schlägt uns schon ein bisschen auf die Laune. Laut unserer Recherche soll es aber im Süden und an der Westküste wesentlich sonniger sein, immerhin gibt es also Aussicht auf Besserung. Unser nächstes Ziel ist die Großstadt Taitung. Dort haben wir uns auch einiges vorgenommen. Wir hatten von der Französin den Tipp bekommen, dass es natürliche heiße Quellen in der Nähe geben soll. Somit leihen wir uns einen Roller aus, um zuerst eine Wanderung in einem kleinen Waldgebiet zu machen und dann die Quellen zu besuchen. Graham bleibt derweil in der Stadt und geht seiner Lieblingsbeschäftigung nach: ziellos umherlaufen und in Parks Chinesisch lernen und Bier trinken. Das Roller ausleihen ist ihm wieder zu viel Aufwand. Außerdem ist es ihm nicht möglich, morgens für eine Unternehmung früher als 10 Uhr aufzuwachen. Er meint immer, er könne dann die ganze Nacht nicht schlafen, wenn er den Druck hätte, morgens zu einer gewissen Uhrzeit aufzustehen. Als wir in dem kleinen Waldgebiet ankommen, sehen wir schon auf der Wanderkarte, dass es verschiedene Tiere dort geben soll. Schon nach kurzer Zeit sichten wir ein kleines rehartiges Tierchen, welches gar nicht scheu zu sein scheint. Aus nächster Nähe können wir es bei der Futtersuche beobachten.

Außerdem sind wir von einigen Bäumen hier ziemlich beeindruckt. Die Wurzeln scheinen sich über große Areale und sogar in der Luft zu erstrecken.

Nach einer erfolgreichen Wanderung schwingen wir uns auf den Roller, um auf die Suche nach den heißen Quellen zu gehen. Nach einer einstündigen Fahrt kommen wir dann an der Stelle an, an die uns Google Maps geführt hat. Es handelt sich um ein Ufer an einem Fluss, doch leider sehen wir keine heißen Quellen. Irgendwo hier müssen die doch sein, denken wir uns! Als wir Google Maps nochmals checken, fällt uns auf, dass die Stelle wohl ein paar hundert Meter weiter links ist. Wir wollen versuchen, über ein paar Klippen zur anderen Seite zu gelangen. Eine abenteuerliche Kletterpartie beginnt.

Als wir auf der anderen Seite ankommen, sehen wir schon, wie Leute Zelte aufgestellt haben. Hier sind wir wohl richtig! Nun sehen wir auch endlich, wie das mit den heißen Quellen im eigentlich kalten Fluss funktioniert. Am Rand des Flusses tritt heißes Wasser aus. Durch die Steine, aus denen kleine Becken gebaut sind, wird verhindert, dass das kalte Flusswasser die Becken abkühlt. Man kann auch immer bei Belieben einfach zum kühlen Fluss wechseln. Die Becken sind oft unterschiedlich heiß, je nach Größe. Gerade bei dem bewölkten Wetter kommt uns die angenehm warme Temperatur gelegen. Wir genießen das heiße Bad und sind offensichtlich die einzigen Touristen.

Bevor wir jedoch im warmen Wasser einschlafen, beschließen wir, den Heimweg anzutreten. Es wird schon dunkel, und wir müssen noch eine Stunde auf dem Roller heimfahren. Die Heimfahrt entpuppt sich als nicht gerade angenehm. Wir müssen auf einer Art Autobahn fahren, und es ist ganz schön kalt! Als wir endlich zurück in der Stadt sind, sind wir heilfroh, angekommen zu sein. Wir treffen uns mit Graham zum Abendessen und lassen den Abend noch ruhig ausklingen. Am nächsten Tag meint Graham, dass er bei seinem letzten Besuch in Taiwan einen netten Taiwanesen in unserem Alter kennengelernt hat. Dieser soll uns in Taitung besuchen kommen. Erfreulicherweise mietet Leo, der Taiwanese, auch gleich ein Auto, damit wir alle zusammen einen Ausflug machen können. Das ist ein Service! Wir essen zusammen zu Mittag und machen uns danach auf den Weg, um wieder mal eine Wanderung zu unternehmen. Da wir schon etwas später dran sind, steigen wir nicht ganz bis auf den Gipfel, sondern kehren ungefähr auf halbem Weg bei einem Aussichtspunkt um, da es in einer Stunde schon dunkel werden soll. Außerdem wollen wir heute auch nochmal zu anderen heißen Quellen fahren. Auch nachts soll das eine tolle Erfahrung sein. Wir fahren also in die Richtung der heißen Quellen und stoppen auf dem Weg bei einem Restaurant, um zu Abend zu essen. Dieser Restaurantbesuch wird jedoch aufregender als geplant! Schon als wir ankommen, merken wir die ausgelassene Stimmung dort. Es gibt zwar nur drei Tische in dem kleinen Laden, dies tut der Stimmung jedoch keinen Abbruch. Wir sind etwas verwundert, denn normalerweise haben wir die Taiwanern als ruhig und reserviert wahrgenommen. Dann erzählt uns Leo jedoch, dass es sich um taiwanesische Ureinwohner handelt, die ihre eigene Kultur haben. Somit erklärt sich auch das unterschiedliche Verhalten. Außerdem fällt uns auf, dass das Restaurant wohl von einem schwulen Pärchen geführt wird, die ganz lustig und ausgelassen wirken. Es wirkt einfach alles ein bisschen durcheinander und chaotisch. Nachdem unsere Bestellung aufgenommen wurde, kommt auf einmal eine sichtlich betrunkene und zerzaust aussehende Dame auf uns zu.

Sie lallt irgendwas für uns Unverständliches auf Chinesisch. Leo übersetzt, dass sie uns gerne Bier ausgeben würde, und bringt uns drei große gekühlte Flaschen Bier. Dazu sagen wir natürlich nicht nein! Danach geht das Schauspiel erst richtig los. Nachdem sie mit Hand und Fuß versucht, sich mit uns zu unterhalten, kommt plötzlich einer der Besitzer und zerrt sie am Arm von uns weg in eines der Hinterzimmer. Jetzt verstehen wir erst, dass das wohl die Mutter des Besitzers ist. Er scheint sich für das Verhalten seiner Mutter zu schämen und will, dass sie uns in Ruhe lässt. Kurz danach taucht sie jedoch mit sichtlich zerzauster Frisur wieder auf und gesellt sich wieder zu uns. Immer, wenn Leo nicht gleich übersetzt, schlägt sie ihn aus Spaß ans Schienbein (!) und sagt, er solle schneller machen. Leo meint nur irgendwann, dass die Alte recht verrückt zu sein scheint. Wir lachen uns derweil ins Fäustchen. Dann kommt uns eine Idee. In Taiwan gibt es anscheinend eine Nuss, die eine ähnliche Wirkung wie Alkohol haben soll. Es gibt sie an vielen Ecken zu kaufen, und wir wollten sie eigentlich schon länger mal ausprobieren. Anscheinend färbt sie die Zähne rot, und da wir an den Zähnen der Frau sehen, dass sie sich die Nuss anscheinend gegönnt hat, fragen wir sie, ob wir auch mal probieren dürfen. Sie bringt uns das Tütchen mit den Nüssen, und Leo zeigt uns, wie der Konsum funktioniert. Die Nuss sieht aus wie eine Eichel, und man muss zunächst das obere Stück abbrechen und kaut dann die Nuss. Das Innere färbt den ganzen Mund rot, und man soll den roten Speichel, der dabei entsteht, regelmäßig ausspucken. Gesagt, getan. Kathi macht den Anfang.

Schon nach ungefähr zwei Minuten setzt die Wirkung ein. Plötzlich wird der komplette Kopf inklusive Hals und Dekolleté ganz heiß. Auch von außen sieht man am roten Kopf, dass sich was im Körper tut. Kurze Zeit später fühlt man sich wach, euphorisch und auch ein bisschen schwindelig, die Wirkung ist potenter, als wir denken. Nun verstehen wir das Verhalten der Frau. Wir lachen und schwitzen uns ungefähr 10 Minuten einen ab, und dann ist der ganze Spuk auch schon wieder vorbei. Auch die Frau verkrümelt sich wieder in ihr Hinterzimmer, und wir können in Ruhe unser Abendessen genießen. Die Portionen sind riesig, und wir müssen uns einen Großteil einpacken lassen. Was für ein interessanter Restaurantbesuch!
Im Anschluss machen wir uns noch auf den Weg zu den heißen Quellen, diesmal an einem anderen Ort als am Vortag. Inzwischen ist es dunkel, und auch hier ist der Weg zu den heißen Quellen abenteuerlicher als erwartet. An einer großen Brücke kann man an den Brückenpfeilern und mithilfe von Seilen ans Flussbett nach unten klettern. Zum Glück haben wir unsere Stirnlampen dabei. In der Ferne sehen wir schon Leute, die ein Feuer machen und dort campen. Als wir ankommen, sind um die heißen Quellen Lichterketten gelegt. Alles sieht recht einladend aus, und wir freuen uns auf das heiße Bad. Die anderen Leute sind wohl schon fertig, und somit haben wir die Quellen für uns.

Zwei Stunden verbringen wir dort, und es ist wirklich super schön, die Sterne aus den verschieden heißen Becken zu beobachten. Nach unserer Wellnesseinheit machen wir uns auf den Heimweg und fallen sichtlich geschafft ins Bett. Am nächsten Tag geht unsere Reise weiter in einen Nationalpark im Süden des Landes. Davor machen wir aber noch einen kurzen Abstecher zum Meer.

Wir müssen uns von Graham verabschieden, da dieser weiter nach Tokio reist. Leo hingegen werden wir in seiner Heimatstadt wiedersehen, weil wir zufällig dort unser Volunteering in einem buddhistischen Kloster machen werden. Bis dahin heißt es: Stay tuned!


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