Bevor wir den beschwerlichen Weg zur Lost City (einer heiligen Stätte im Dschungel der Sierra Nevada Kolumbiens, zu der man nur zu Fuß im Zuge einer Tour gelangen kann) auf uns nehmen, gönnen wir uns noch zwei Nächte in einer tollen Unterkunft in den Bergen der Sierra Nevada. Es handelt sich um ein Hostel, welches uns von vielen Reisenden empfohlen wird und hoch in den Bergen im Dschungel liegt. Als wir ankommen, werden unsere Erwartungen nicht enttäuscht. Der Ausblick vom Infinity Pool aus ist der Wahnsinn. Es herrscht generell ein sehr ruhiger und entspannter Vibe. Viele Reisende scheinen den Ort zur Erholung zwischen den Backpacker Strapazen zu nutzen. Am ersten Abend machen wir uns gleich auf zu einer kleinen Wanderung zu einem Ort, an dem man gut den Sonnenuntergang beobachten kann. Wir fragen an der Rezeption nach dem Weg und erhalten als Antwort, dass wir nur ca. 25 Minuten den Berg hinauf laufen müssten, um den Sunset Spot zu erreichen. Sogleich machen wir uns auf und vergessen die Zeit beim Aufstieg. Irgendwie wundern wir und auch, wann wir denn diesen Spot endlich erreichen werden. Langsam verschwindet die Sonne nämlich immer mehr. Wir steigen immer höher und höher. Irgendwann sieht Kathi auf die Uhr und bemerkt, dass wir nun schon seit einer Stunde unterwegs sind. Irgendwie müssen wir das Schild wohl übersehen haben. So weit oben haben wir jedoch eine grandiose Aussicht und genießen sie kurz, bis uns auffällt, dass es ja schon langsam dunkel wird. Natürlich haben wir unsere Stirnlampen im Hostel liegen lassen. Fünf Minuten später sehen wir schon kaum mehr etwas. Gut, dass wir Lampen an unseren Handys haben. Irgendwie hat es auch etwas magisches, nachts im Dschungel zu sein. Die Geräusche sind interessant und zusätzlich sehen wir immer wieder Glühwürmchen. Irgendwann vernehmen wir Musik und kommen an einer Kaffeefarm an. An der waren wir auf dem Weg nach oben ins Hostel schon mit dem Motorrad vorbeigefahren. Mist! Irgendwie haben wir wohl falsch eingeschlagen und sind zu weit runter gewandert. Also jetzt wieder hoch und mit Maps.me versuchen, uns zum Hostel zu navigieren. Das klappt dann zum Schluss auch, und die Frau an der Rezeption schaut uns schon ein bisschen fragend an, als wir nach knappen 2,5 Stunden erst wieder zurückkommen. Wir stellen uns vor, die restlichen Tage im Hostel zu detoxen und somit gut auf die Dschungelwanderung vorbereitet zu sein. Natürlich kommt wie immer alles anders, als geplant. Wir lernen am Abend wieder ein Duo aus einem Kolumbianer und einer Deutschen kennen. Der Kolumbianer hat sich irgendwie zur Aufgabe gemacht, jedem im Hostel die Trinkkultur seines Landes näherzubringen und kauft eine Flasche Aguardiente (kolumbianischer Schnaps mit Anis) nach der anderem, um von Tisch zu Tisch zu wandern, und mit jedem anzustoßen. Die deutsche erzählt uns, dass sie ihn auch erst seit ein paar Tagen kenne und sie seit kurzem mit ihm reist. Sie wirkt sehr spirituell und hippiemäßig. Umso erstaunter sind wir, als sie uns erzählt, dass sie in Deutschland 15 Jahre bei der Polizei war, bis sie festgestellt hat, dass das System krank ist und nach Mexiko ausgewandert ist. Sie lebt nun dort auf einer Art Farm wo Leute Urlaub machen und sich selbst finden können. Was sie dort macht, können wir erstmal nicht rausfinden. Als Kathi sich mit ihr jedoch zur späteren Stunde noch eine Flasche Rotwein teilt, erzählt sie, dass sie auf der Farm leben darf, weil sie dort in eine Art Frequenzmaschine investiert hat, welche die Körperströme misst und verändert, um so Menschen von bestimmten psychischen und physischen Krankheiten zu heilen. Außerdem preist sie die Wirkung von Chlordioxid (dieses dient in Wasser gelöst eigentlich als Bleichmittel) als Allheilmittel an – ob zur Einnahme, damit „der Körper mehr Sauerstoff bekommt“, oder zum Auftragen auf die Haut gegen Pickel – „es brennt zwar erstmal etwas, aber nach zwei Tagen sind alle Pickel weg“. Langsam läuten bei Kathi die Alarmglocken. Vorher am Abend hatte sich die Deutsche auch schon als Schwurblerin bezüglich der Corona Pandemie geoutet. Kathi hört sich natürlich noch den restlichen Abend ihre Geschichten und Glaubenssätze an, denn unterhaltsam ist es ja schon. Irgendwie scheinen wir strange Leute anzuziehen wie die Motten das Licht. Aber immerhin wird es so nicht langweilig.




Nachdem wir uns ein paar Tage entspannt hatten, geht es endlich los zur Lost City Tour. Nach einer zweistündigen Fahrt über Stock und Stein im Jeep und einem Mittagessen beginnt direkt im Anschluss die Wanderung. Es geht eigentlich ganz harmlos los, aber bald wird es richtig steil. Überraschenderweise hat unser Guide auch einen Affenzahn drauf und auch die anderen in unserer 10er Gruppe versuchen, mitzuhalten. Bald stellt sich heraus, dass es mehr einem Dauersprint ähnelt, als einer gemütlichen Wanderung in der Natur. Auch der schwere Rucksack, den Jonas trägt, macht die Sache nicht gerade leichter. Kathi ist ganz verwundert, wie gut er die Wanderung mit dem schweren Gepäck durchhält, daraufhin sagt Jonas nur ganz trocken: „Ich bin wie ein Kompressionsstrumpf, es steckt mehr drin, als man denkt.“



Immerhin machen wir regelmäßig Pausen. Dort werden wir mit frischem Obst und leckerem frischgepressten Orangensaft versorgt. Zusätzlich dürfen wir auch hießige Powerbooster wie z.B. in Honig eingelegte Kakaobohnen probieren. Der erste Teil der Wanderung geht durch das Gebiet der Gebirgsbauern. Hier laufen kerngesunde Gockel und anderes Getier frei herum. Dieses Prachtexemplar eines Gockels wiegt wohl das dreifache eines normalen Gockels und dessen Beine sind fast so dick wie die von Jonas 😉 Auch dieser Ente, dessen Name aufgrund der Frisur Einstein ist, scheint es im Dschungel gut zu gehen.


Nachdem wir den ganzen Nachmittag gewandert waren, kommen wir an unserem ersten Camp an. Es gibt wie im Hostel Stockbetten und ganz in der Nähe gibt es einen Wasserfall als willkommene Bademöglichkeit. Als wir im Wasser schwimmen, müssen wir feststellen, dass es kleine Fische gibt, die einen in die Waden zwicken. Wie die Fischlein in Thailand, die einem gegen einen Obolus die überschüssige Haut an den Füßen wegknabbern, nur dass unsere gratis sind. Zu unserer Freude bekommen wir danach einen riesigen leckeren frittierten Fisch zum Abendessen serviert. Wir stimmen einander zu, dass das wohl der Beste unseres Lebens ist. Wir essen sogar die Flosse, da diese knusprig ist und wie Chips schmeckt. Nach dem Abendessen bekommen wir noch eine kleine Lektion über die Geschichte des Ortes erzählt. Vor einigen Jahrzehnten lebten die Bauern der Sierra Nevada vom Marihuana und Kokablätter Anbau, da das Drogenbusiness äußert lukrativ war. Das war der Regierung als auch den indigenen Völkern im Dschungel jedoch ein Dorn im Auge. Um den Bauern jedoch eine Perspektive ohne den Anbau von Drogen zu ermöglichen, kam die Regierung auf die Idee, den Tourismus in die Gegend zu holen. Somit konnten Bauern als Touristenführer arbeiten und auch anderweitig mit dem Tourismus Geld verdienen. Unser Guide, der selbst früher ein Bauer in dieser Gegend war, dankt uns, dass wir die Tour machen und somit dazu beitragen, das schmutzige Drogengeschäft von hier fernzuhalten.
Die nächsten Tage zur verlorenen Stadt werden nicht gerade leichter. Obwohl der Dschungel und die Wege wunderschön sind, sind wir durch die vielen Höhenmeter ganz schön kaputt. Teilweise ist es sehr matschig und wir sind froh, unsere Wanderschuhe anzuhaben. Schon bald verlassen wir das Gebiet der Bauern und betreten das Gebiet der indigenen Völker. Während einer Pause dürfen wir mit einem Vorstand eines Stammes sprechen und er erklärt uns die Kultur seines Stammes. Danach dürfen wir Fragen stellen. Als er jedoch bemerkt, dass unsere Fragestunde wegen der Neugier unserer Gruppe etwas ausartet, sagt er plötzlich, dass es jetzt reicht, weil er Hunger hätte. Immerhin können wir ihm noch ein Tütchen getrocknete Kokablätter abkaufen, die hier gerne gekaut und anschließend ausgespuckt werden. Der Geschmack erinnert an Grüntee. Nach kurzem Kauen schleicht sich ein subtiles Taubheitsgefühl ein und wir fühlen uns weniger Müde und Schwach. Und so wandern wir munter weiter über Stock und Stein, über Flüsse und Schlamm, verlieren viel Schweiß, verarzten unsere Blasen und können auch einige Tränen entdecken, die über die Wangen einer anderen Touristen fließen. Sie tut sich sichtlich schwer bei der Wanderung durchzuhalten. Immer wieder kreuzen indigene Einheimische in weißer Kluft unseren Weg. Sie werden oft von Eseln begleitet. Die Landschaft wird immer spektakulärer und der fruchtbare Dschungel, durch den sich ein Fluss schlängelt, der manchmal wilder, manchmal ruhiger ist, wird immer dichter. Sukzessive gewinnen wir Tag für Tag an Höhenmeter, bis wir irgendwann die jahrhunderte alten Treppenstufen erreichen, welche die verlorene Stadt ankündigen. Unsere Gruppe scheint die einzige zu sein, die sich gerade auf dem Areal befindet. Wir haben alles für uns und unser Guide erzählt uns allerlei Wissenswertes über die heilige Stätte. Zu unserer Freude bekommen wir dazu frische Früchte und Snacks kredenzt. Nachdem wir den ganzen Morgen oben verbringen, wird es Zeit, den zweitägigen Rückweg anzutreten. Wir denken uns ernsthaft, wie wir das schaffen sollen. Immerhin ist jetzt die Euphorie, die Lost City zu erreichen, weg. Es gäbe auch die Möglichkeit, auf einem Esel zurückzureiten. Kurz spielen wir mit dem Gedanken, verwerfen ihn dann jedoch wieder, da wir viel zu stolz sind und es sich wie Aufgeben anfühlen würde. Auf den letzten Metern werden die Blasen immer mehr und wir zählen an beiden Füßen stolze acht Blasen. Gute Ausbeute würden wir sagen. Wir beenden den Hike erschöpft mit einem Mittagessen und einem kühlen Bier. Geschafft! Da am Tag der Rückkehr Valentinstag ist, organisiert Jonas für Kathi noch eine Überraschung in Form einer professionellen Ganzkörpermassage. Das wohl passendste Geschenk ever!















2 Antworten zu “Wir stoßen an unsere Grenzen – 4 Tage Dschungeltrekking zur verlorenen Stadt”
Echt tolle Leistung! Die Aussichten von den Toiletten sind da wahnsinn🙈🙌. Wenn bei uns nur des wetter so wär wie bei euch, ist der Neid bissl weniger😉
tja mit solchen Panorama Toiletten kann Deutschland halt ned mithalten! 🤣🫠
Schöne Grüße