Mit Hamster im Hotel und Gasmaske im Gesicht: Java, wir kommen!


29.10-13.11
Der kurze Flug von Kuala Lumpur nach Jakarta verläuft relativ ereignislos. Wir kommen gegen Mittag in unserem Hostel in der indonesischen Hauptstadt an. Graham wartet bereits in der Lobby auf uns. Da er sich gerne von einem Extrem ins andere bewegt, ist er nun laut seinen Aussagen ein ganz anderer Mensch. Er erzählt uns stolz, dass er allen Suchtmitteln, inklusive Alkohol, abgeschworen hat, da er wohl eine Zeit lang so viel Marihuana geraucht hat wie eine ganze Reggaeband. Zudem hat er sich jetzt ein riesiges Kreuz über die Brust tätowiert. Hat er wohl im Glauben seine Ersatzdroge gefunden? Seine Aussagen bleiben sehr sprunghaft, und er referiert gerne mal eine Stunde darüber, ohne darauf zu achten, ob wir überhaupt noch zuhören. Zumindest in dieser Hinsicht hat sich nicht viel geändert. Da er in den USA in den letzten Monaten deutlich weniger Geld beim Kellnern verdient hat als erwartet, muss wohl noch mehr gespart werden als in Südamerika. Wir sind schon gespannt, wie das wird. Für unseren ersten Tag in Jakarta hat er einen kostenlosen Besuch in der zweitgrößten Moschee der Welt geplant. Java, die größte Insel Indonesiens, ist damals durch türkische Händler hauptsächlich muslimisch geprägt worden, was man relativ schnell an den Rufen des Muezzins draußen hört. Die Moschee ist wirklich beeindruckend. Bevor wir sie jedoch betreten dürfen, bekommt Kathi eine Kutte übergeworfen, die sie aussehen lässt, als hätte sie sich in der Hogwarts Zauberschule eingeschrieben. Jonas und Graham bekommen eine Art Rock umgewickelt. Auch unsere Schuhe müssen wir ausziehen. Wir haben einen Führer, der uns alles erklärt. Immerhin mussten wir hier nicht vortäuschen, Muslime zu sein, um umsonst reinzukommen (siehe Blogeintrag Istanbul)! Da wir aber nicht viel von stressigen Großstädten halten, machen wir uns schon am nächsten Tag mit dem Zug auf die Reise in die nächste Stadt, nämlich Yogyakarta, welches das kulturelle Zentrum Javas darstellt.

Die Zugreise ist äußerst komfortabel und erschwinglich. Der komplette Zug ist klimatisiert, und es gibt einen netten Speisewagen, in dem man mit schöner Aussicht auf die Reisfelder einen Kaffee oder eine Suppe genießen kann. Nach der achtstündigen Fahrt kommen wir pünktlich in Yogyakarta an. Kathi hat mal wieder eine interessante Unterkunft für uns ausgesucht. Als wir in dem kleinen Homestay ankommen, werden wir gleich von einer sehr freundlichen Frau an der Rezeption begrüßt. Sie ist jedoch nicht allein, denn auf dem Tisch steht ein kleiner transparenter Plastikbehälter mit zwei Hamstern darin. Als sie bemerkt, dass wir uns darüber amüsieren, nimmt sie die Hamster heraus und überreicht sie uns. Wir hoffen inständig, dass die Hamster ein etwas größeres Zuhause haben als der winzige durchlöcherte Plastikbehälter. Als Graham sichtlich angeekelt ist, versuchen wir erst recht, ihm einen Hamster zu reichen. Die roten Augen der Hamster erinnern tatsächlich ein wenig an Laborratten.

Unser Zimmer bietet alles, was wir uns wünschen, und ist in guter Lage. Ein Grund, warum wir hier sind, ist der Prambanan-Tempel. Er gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe, ist der größte Hindu-Tempel Indonesiens und einer der schönsten Tempel Südostasiens. Wir machen uns also am nächsten Tag ohne Graham, da er sich den Eintritt nicht leisten will, auf den Weg zur heiligen Stätte. Da es in Yogyakarta tagsüber unerträglich heiß ist, fahren wir erst gegen Abend hin, um uns dort den Sonnenuntergang anzusehen. Als wir ankommen, schieben sich gerade dicke Wolken vor die Sonne. Somit können wir uns ohne die erdrückende Hitze auf dem großen Gelände bewegen. Insgesamt gibt es vier Tempel zu bewundern, die jedoch durch ein Erdbeben nur noch teilweise erhalten sind. Nach etwa zwei Stunden und einem spektakulären Sonnenuntergang mit Blick auf den Tempel gönnen wir uns einen Besuch in einem leckeren Ramen-Restaurant.

Der Gesang des Muezzin im Hintergrund sorgt für eine magische Atmosphäre

Am nächsten Tag besuchen wir einen Wassertempel und ein Museum für javanische Kunst und Kultur. Am folgenden Tag geht es dann weiter mit dem Zug nach Malang. Wir wollen dort den Mount Bromo besteigen, einen der aktivsten Vulkane auf Java. Obwohl wir viel Zeit in die Suche nach einem kostengünstigen Touranbieter investiert haben, ist Graham wieder nicht dabei. Er bevorzugt es stattdessen, in den Parks der Stadt herumzulungern und mit Einheimischen zu sprechen. Tatsächlich kann er inzwischen ein paar Worte Indonesisch sprechen und kann es kaum erwarten, seine Lernfortschritte zu erweitern und in die Praxis umzusetzen.

Zu unserem Unmut beginnen alle Touren zum Vulkan um Mitternacht und dauern etwa elf Stunden, bis man wieder zurückkommt. Hinzu kommt, dass wir anfangen, krank zu werden. Wir haben jedoch Angst, etwas zu verpassen, und wollen die Tour trotzdem machen. Wir werden also um Mitternacht von einem Jeep abgeholt und fahren erst einmal zwei Stunden über kurvige und holprige Straßen. Besonders der letzte Teil des Wegs, der aus schwarzem Lavagestein besteht, ist so holprig, dass es absolut unmöglich ist, ein Auge zuzumachen. Der erste Stopp ist nicht der Vulkan selbst, sondern ein Berg daneben, auf dem man den Sonnenaufgang und den Mount Bromo beobachten kann. Als wir uns um circa 4:30 einen geeigneten Platz mit guter Aussicht gesichert haben, dauert es nicht lange, bis die ersten roten Farben der aufgehenden Sonne immer deutlicher werden. Um uns herum finden sich immer mehr Touristen ein. Dabei beobachten wir, dass die anderen Touristen viel mehr an Fotos interessiert sind als an dem atemberaubenden Sonnenaufgang. Obwohl wir auf etwa 2.300 Metern Höhe sind und es deshalb ziemlich kühl ist, macht eine leicht bekleidete Koreanerin aufwendige, sexy Fotos. Kein Einzelphänomen hier, denn fast alle anderen Touristen stehen die gesamte Zeit mit dem Rücken zum Sonnenaufgang, nur um unzählige Erinnerungen für später zu schaffen. Dies erweckt in uns den Eindruck, dass es den Leuten wichtiger ist, zu beweisen, hier gewesen zu sein, als das Spektakel wirklich zu genießen.

Nachdem die Sonne vollständig sichtbar ist, machen wir uns auf den Rückweg zu unserem Jeep, um zum Vulkan Bromo gefahren zu werden.

Nach einem etwa 45-minütigen Aufstieg stehen wir dann auch schon am Kraterrand. Unser erster Vulkan aus nächster Nähe – und dazu auch noch aktiv. Aus etwa 50 Metern Höhe blicken wir in die Tiefe. Aus der Mitte des Vulkans steigt weißer Rauch auf und es zischt kontinuierlich aus der Tiefe.

Mit Blick in die Tiefe verzehren wir in Tupperware eingepacktes Nasi Goreng (gebratener Reis). Durch den Schlafmangel und den vollen Magen signalisiert unser Körper endgültig, dass er eine Pause braucht. Bevor uns die Müdigkeit komplett übermannt, gehen wir zurück zum Jeep und machen uns bereit für die Heimreise.

Da die Sonne immer stärker wird und wir stetig weiter in Richtung Großstadt fahren, wird es immer heißer. Leider ist der Jeep nicht nur mit anderen Touristen vollgestopft, sondern auch ohne Klimaanlage. Trotzdem schaffen wir es, ein paar Minuten zu schlafen, und kommen sichtlich erschöpft in unserer Unterkunft an. Dort versuchen wir, bis zum Check-out ein wenig die Augen zu schließen, und müssen wenig später weiter zum Busbahnhof, um unseren Bus nach Banyuwangi zu erwischen. „Erwischen“ ist gut gesagt, denn der Bus hat etwa zwei Stunden Verspätung. Jetzt verstehen wir auch, warum die Bewertungen des Busunternehmens im Internet so schlecht waren. Doch auch diese Fahrt geht irgendwann vorüber. Trotz Verspätung erreichen wir mehr oder weniger pünktlich zu Mitternacht Banyuwangi.

Dieser Ort ist nicht nur das Sprungbrett, um auf die weiter östlich liegende Insel Bali zu gelangen, sondern auch berühmt für einen schwefelhaltigen Vulkan namens Ijen. Ähnlich wie bei unserer vorherigen Tour reisen die meisten Touristen mitten in der Nacht an, um von oben den Sonnenaufgang anzusehen. Da wir von den vielen Touristen und dem Schlafentzug der vorherigen Tour zum Mount Bromo traumatisiert sind, entscheiden wir uns diesmal für eine private Tagestour, bei der wir uns nur einen Fahren organisieren und den Vulkan alleine hochwanden. Dafür lassen wir uns um sechs Uhr morgens von unserem Fahrer abgeholt, der uns zu dem etwa eine Fahrstunde entfernten aktiven Vulkan fährt. Wir leihen uns eine Gasmaske, da der Vulkan giftigen Schwefel produziert, und wandern eine Stunde lang gemächlich aufwärts. Auf dem Weg nach oben werden wir immer wieder von Einheimischen angesprochen. Indem sie diverse Automarken wie Lamborghini oder Ferrari aufzählen und dabei auf ihre Schubkarre zeigen, wollen sie uns fragen, ob wir von ihnen nach oben gezogen werden wollen.

Das lässt unser Wanderkodex trotz leichter Krankheit natürlich nicht zu. Viel lieber belächeln wir beim Aufstieg diverse auffallend junge andere Touristen, wie sie sich abwärts fahren lassen. Dabei handelt es sich erneut ausschließlich um ostasiatische Nationalitäten wie Koreaner und Japaner. Aufgrund der Höhe sind wir von Wolken umgeben, die uns vor der Sonne schützen und ebenfalls den Eindruck erwecken, den Vulkan besteigen zu wollen. Denn genauso wie wir wandern sie langsam nach oben. Als der Großteil des Anstiegs hinter uns liegt, kommen uns schon die ersten Schwefelgerüche entgegen. Immer öfter entdecken wir gelbliche Brösel am Boden und vermuten, dass es Rückstände vom Abtransport des Schwefels sind. Wenig später stehen wir dann auch schon am Krater und blicken in einen etwa 100 Meter tiefer gelegenen türkisblauen See. Links daneben steigt kontinuierlich weißer Rauch auf. Wir entdecken vereinzelt Menschen, die sich unten befinden – Arbeiter, die den Schwefel abklopfen und dann nach oben transportieren. Bevor wir uns diese Sensation aus direkter Nähe anschauen wollen, entscheiden wir uns jedoch, erst einmal am Kraterrand entlang zu spazieren und auf dem Rückweg den Pfad nach unten zu nehmen. Das Wetter ändert sich minütlich, und nicht nur einmal scheint die Sonne bei gleichzeitigem Regen.

Als wir auf dem Rückweg den Pfad in die Tiefe nehmen wollen, sind wir vollkommen allein. Keine anderen Touristen sind mehr zu sehen. Nur eine Handvoll Arbeiter sind noch da. Immer wieder sind wir etwas verunsichert, ob wir wirklich bis ganz nach unten wandern sollen, da der Wind die gefährlichen Schwefelgase in alle Richtungen weht. Auch das große Schild bei der Hälfte des Weges, welches uns zu Verstehen gibt, dass es ab hier gefährlich wird, bewegt uns nicht zum Umkehren. Zum Glück haben wir uns noch die Gasmasken geliehen, die wir auf halber Strecke entscheiden zu tragen. Immer wieder sehen wir Körbe mit Schwefel auf dem Weg. Bis zu 80 Kilogramm müssen die hart arbeitenden Schwefelarbeiter nach oben transportieren. Einmal nehmen wir sogar eine falsche Abzweigung, wodurch wir uns wenig später mitten im Schwefelrauch wiederfinden. Glücklicherweise winkt uns aus der Ferne ein Arbeiter zu sich und zeigt uns den tatsächlichen Weg nach unten. Als wir unten sind, beobachten wir, wie einer der Arbeiter mit einer Metallstange die gelblichen Schwefelsteine von den rauchenden Rohren abschlägt und in Körbe für den Abtransport sammelt. Als wir uns dem See nähern, rufen uns die Arbeiter zu und versuchen uns verständlich zu machen, dass wir uns dem See nicht weiter nähern sollen. Und das aus gutem Grund, denn der See ist so schwefelhaltig, dass er im Säuregehalt einer Autobatterie nahekommt. Kathi hat im Internet von einer Touristin gelesen, die ihren Finger ganz kurz in den See gehalten hat und daraufhin über längere Zeit ein seltsames Kribbeln verspürte. Wir lassen die dystopische Stimmung auf uns wirken und hören immer wieder ein angestrengtes Husten aus der Ferne, denn obwohl die Gase so giftig sind, tragen die Arbeiter hier lediglich ein Stofftuch zum Schutz.

Nach geraumer Zeit entscheiden wir uns für den Aufstieg zum Rand des Kraters. Beim Abstieg zu unserem Auto sind wir komplett allein. Wir steigen erschöpft ins Auto ein und erholen uns den restlichen Tag in unserem Zimmer mit ausreichend Schlaf, Früchten und ausgezeichnetem Street Food. Am nächsten Tag beginnt unsere Überfahrt nach Bali. Die Insel hat einen sehr guten Ruf unter den Reisenden, und trotzdem sind wir gemischter Gefühle, da es sehr touristisch sein soll und Kathi schon oft gehört hat, dass die Strände dort recht dreckig sein sollen. Ob das wirklich stimmt, werden wir sehen! Stay tuned!


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert