07.08. – 14.08.
Unsere Reise geht weiter! Nach sechs wunderschönen Wochen in Deutschland nehmen wir den Flixbus nach Bosnien und Herzegowina. Unser erster Halt ist ein kleines mittelalterliches Städtchen namens Jajce. Nach 15 Stunden Busfahrt (für uns inzwischen ein Klacks) kommen wir um sieben Uhr morgens am Busbahnhof in Jajce an, eine Stunde früher als erwartet! Dadurch haben wir fast zwei Stunden Zeit, bis uns unsere Airbnb-Gastgeberin mit dem Auto abholt. Das passt gut, denn es gibt einiges zu erledigen. Da Bosnien und Herzegowina nicht in der EU liegt, brauchen wir eine SIM-Karte. Außerdem müssen wir Geld abheben, und so können wir das noch erwachende Städtchen schon ein wenig ohne Touristen erkunden. Gleich als wir uns auf den kurzen Fußweg in die Stadt machen, werden wir vom Stadtwasserfall überrascht, der sich direkt neben dem Busbahnhof befindet. Nachdem wir ihn kurz bestaunen, machen wir uns weiter auf den Weg in die Innenstadt, die über eine alte Brücke erreichbar ist. Zunächst wollen wir Geld abheben. Als wir den ersten Geldautomaten mit Jonas‘ Karte ausprobieren, ist die Abhebung nicht möglich – beim zweiten ebenso wenig. Kathi fragt Jonas, ob er in den Einstellungen, in welchen Ländern man abheben kann, Bosnien und Herzegowina ausgewählt hat. Ja, er hätte vorher extra alles kontrolliert. Langsam werden wir stutzig und ein bisschen nervös. Nach ein paar weiteren Automaten beschließen wir, es mit Kathis Karte zu versuchen. Diese funktioniert einwandfrei. Komisch! Um überhaupt Zugang zur App der Kreditkarte zu erhalten, müssen wir uns jedoch erst einmal eine SIM-Karte besorgen. Das klappt problemlos, und Kathi bittet Jonas, doch mal in die App zu schauen, ob er nicht doch etwas übersehen hat. Gesagt, getan. Er sieht nochmal nach und merkt, dass er immer noch nur Südamerika als Land eingespeichert hat, in dem er abheben kann. Kein Wunder also, dass er hier kein Geld bekommt. Wir sind erstmal erleichtert und haben noch Zeit, um uns ein Börek beim Bäcker zu kaufen und einen Cappuccino am Marktplatz zu trinken.

Danach werden wir von unserer Gastgeberin abgeholt und zur fünf Kilometer entfernten Unterkunft gefahren. Diese liegt ganz in der Nähe des Plivsko-Sees. Es handelt sich um ein Mehrfamilienhaus mit verschiedenen Zimmern für Airbnb-Gäste. Wir sind froh, dass unser Zimmer auf der Rückseite des Hauses liegt und wir ein Fenster zu einer idyllischen Streuobstwiese haben. Auf der anderen Seite des Hauses verläuft nämlich eine Straße, und wie wir schon nach kurzer Zeit feststellen müssen, haben die Bosnier ein Faible für schnelle und laute Autos. Glück gehabt!
In den darauffolgenden zwei Tagen erkunden wir die Umgebung. Die Gastgeberin stellt uns überraschenderweise zwei nagelneue E-Bikes kostenlos zur Verfügung. Somit ist es kein Problem, in die Stadt zu gelangen und am angrenzenden See spazieren zu fahren. Ein märchenhafter Ort in der Nähe unserer Unterkunft sind die alten Wassermühlen von Mlinčići. Die durch kleine Stege verbundenen Holzhütten stammen noch aus der Zeit der österreichisch-ungarischen Herrschaft und wurden direkt an einem Strom aus kleinen Flüssen gebaut. Die hier lebenden Farmer stellten so aus Weizen Mehl her. Heute sind die Mühlen nicht mehr in Betrieb, doch mit dem angrenzenden Wald und dem Plivsko-See hat man das Gefühl, mitten im Land der Trolle angekommen zu sein. Wer sich an einem heißen Tag abkühlen will, springt vom nahegelegenen Steg direkt in den glasklaren See. Das haben auch wir gemacht und uns dabei gut amüsiert.


Außerdem haben wir das Städtchen Jajce näher erkundet. Wir besichtigen eine Moschee, probieren das lokale Bier, besuchen die Burgruine, essen Börek und laben uns an diversen Früchten von Obstbäumen, die hier niemand erntet. Die Tage vergehen wie im Flug.







Nach nur zwei Tagen nehmen wir dann den Bus in die Hauptstadt Sarajevo. Ehrlich gesagt haben wir uns vorher nicht so richtig über die Geschichte und Kultur Bosniens informiert. Deshalb sind wir total überrascht, als wir feststellen, wie multikulturell es hier ist. Hier trifft der Orient auf den Westen! In der Altstadt gibt es quasi zwei Welten, die friedlich koexistieren. Die osmanischen, österreich-ungarischen und jugoslawischen Einflüsse der Stadt haben unauflösliche Spuren in ihrer Architektur, Küche und Tradition hinterlassen. Anscheinend wird die Stadt auch das „Jerusalem Europas“ genannt. Die Gegensätze sind hier unübersehbar. Neben orientalischen Shisha-Bars, in denen kein Alkohol serviert wird, gibt es osteuropäische Bars, in denen Kette geraucht und reichlich Bier getrunken wird. Uns begegnen zahlreiche osteuropäische Frauen, die auf High Heels und mit viel Make-up im Gesicht durch die Stadt schlendern. Daneben beobachten wir muslimische Frauen in Burkas. Auch die Essensauswahl ist vielfältig und spiegelt die Kulturen wider. Von Börek, Fladenbrot und Cevapcici bis hin zu Baklava und anderen orientalischen, zuckersüßen Leckereien ist alles vorhanden. Am Nachmittag unserer Ankunft machen wir nicht mehr viel, außer den Vibe der Stadt einzusaugen.






Am nächsten Tag schlägt Kathi gleich vor, eine Wanderung in die umliegenden Berge zu unternehmen. Dort in den Wäldern verstecken sich nämlich die Überreste und Ruinen verschiedener Bauten, die man erkunden kann. Nach einem einstündigen Aufstieg finden wir zunächst die Ruinen einer alten, verlassenen Sternwarte. In Deutschland wäre ein solches marodes Bauwerk entweder abgerissen oder abgesperrt worden. Hier jedoch wird es einfach der Natur überlassen, und man kann darin mit etwas Vorsicht herumklettern. Wir beschließen, auf der obersten Etage, wo bereits kleine Bäume aus dem Beton wachsen, unser Picknick zu genießen. Man hat von hier aus eine großartige Aussicht auf die Hauptstadt.






Danach machen wir uns weiter auf den Weg, um ein weiteres Relikt vergangener Zeiten ausfindig zu machen. Da hier die Olympischen Winterspiele 1984 stattgefunden haben, gibt es noch die Überreste der Bobbahn aus Beton. Man kann sogar in der Bahn entlanglaufen und dabei die vielen Graffitis bestaunen, die sie nun verzieren. Es ist schon beeindruckend, welchen Aufwand man damals betrieben hat, um sie zu bauen. Nun jedoch holt sich die Natur langsam alles zurück. Es ist irgendwie magisch und gleichzeitig auch gruselig, diese verlassenen Orte, von denen es in Osteuropa sicherlich viele gibt.




Bei schlappen 33 Grad gehen wir dann zurück in die Stadt und sind froh, keinen Hitzschlag erlitten zu haben. Wir hätten natürlich auch die Seilbahn nach unten nehmen können, aber unser Ethos, bei dem Wandern und Sparen ganz weit oben stehen, hindert uns daran. Abgerundet wird die kleine Zeitreise dann mit einem kühlen Bier in einem Café in Sarajevo.
Am dritten Tag planen wir ebenfalls, in die Vergangenheit einzutauchen. Auf dem Programm steht ein Museum, das sich mit dem Genozid an der islamischen Bevölkerung im Zuge des Bosnienkrieges und mit dem Krieg selbst beschäftigt. Wir lernen viel und verlassen nach etwa drei Stunden das Museum sichtlich ergriffen und schockiert von den Bildern und Videos, die wir dort zu sehen bekommen. Am Abend haben wir dann beschlossen, uns mal selbst an der bosnischen Küche zu versuchen und ein traditionelles Gericht nachzukochen. Wir entscheiden uns für Sarma nach bosnischer Art. Das sind kleine Hackfleischbällchen mit Reis, die von einem Sauerkrautblatt umwickelt und in Tomatensoße gekocht werden. Dazu gibt es Schmand und frisches Fladenbrot.
Als wir im Hostel kochen, kommen wir mit unseren neuen Zimmernachbarn ins Gespräch. Sie planen einen Ausflug zu einem Aussichtspunkt zum Sonnenuntergang mit anschließendem Barbesuch. Wir trinken Bier, essen zusammen und rekrutieren nach und nach unser gesamtes Hostel (was nicht sehr schwer ist, da es nur drei Viererzimmer hat). Bevor wir uns auf den Weg machen, mixt uns unser Bettnachbar, ein angehender Arzt aus den Niederlanden, noch einen Drink mit Kurkuma, damit wir am nächsten Tag keinen Kater haben – „für die Gesundheit“, meint er. Danach mischt er sich in einer Zwei-Liter-Plastikflasche halb Cola, halb Rotwein zusammen. Spätestens jetzt wissen wir, warum er Angst vor einem Kater hat.
Die illustre Runde macht sich um circa 20 Uhr auf den Weg. Oben am Aussichtspunkt angekommen, treffen wir noch ein paar weitere Leute, die sich spontan anschließen. Der Abend wird noch richtig lustig. Im Laufe der Nacht gibt uns unser Partyarzt noch weitere gute Tipps für ein gesundes Leben. Wir sollen auf keinen Fall mit dem Rauchen anfangen, aber andere Drogen wie LSD oder Ecstasy findet er überhaupt nicht problematisch. Typisch Niederländer, denken wir uns.
Um ein Uhr nachts machen wir uns dann langsam auf den Heimweg. Gut, dass ein Bäcker mit leckerem Börek direkt neben unserem Hostel liegt. Der hat hier auch ewig geöffnet, und wir gönnen uns noch ein Mitternachtsmahl, bevor wir kollektiv zurück ins Hostel marschieren. Dort erwartet uns noch eine unangenehme Überraschung in unserem Zimmer. Der andere Bettnachbar, ein trinkfester Australier, hat wohl ein kleines Problem mit Stinkefüßen. Naja, genau genommen ist es ja unser Problem. Wir betreten das Zimmer und fangen sofort an, nach der Quelle des Geruchs zu suchen. Schnell wird sie ausfindig gemacht. Immerhin stellt er daraufhin seine Sneakers inklusive Socken auf den Balkon. Glück gehabt, dass er noch nicht geschlafen hatte.




Der nächste und letzte Tag steht im Zeichen der Kunst, und wir besuchen zwei Kunstgalerien sowie die Stadthalle, die wunderschön mit Mandalas und Ornamenten verziert ist. Das war’s auch schon mit unseren ersten Osteuropa-Erlebnissen. Im Anschluss geht’s in den Sutjeska-Nationalpark zum Wandern und danach ins schöne Mostar. Ein obligatorisches „stay tuned!“

