Menschenopfer und reißende Fluten: Letzter Stop Arequipa!


10.06 – 20.06
Die lange Busfahrt von Sucre nach Arequipa in Peru ist eine ganz schöne Odyssee. Wir könnten zwar noch einen Zwischenstopp in La Paz einlegen, haben aber irgendwie keine Lust auf Großstadtvibes. Deshalb entschließen wir uns, gleich weiterzufahren. Zwischen den zwei Bussen müssen wir jedoch erstmal drei Stunden um 5 Uhr morgens am Bahnhof von La Paz warten. Der Bahnhof ist offen und ganz schön kalt. Danach geht es erst mal in einen Minivan, der uns zur Grenzkontrolle führt. Wir haben ein bisschen Bammel, denn wir hoffen, nochmal ein 30-tägiges Visum für Peru zu bekommen. Denn eigentlich bekommt man in Peru erst wieder ein Visum, wenn man sechs Monate ausgereist war. Mit unserem Flugdatum würden wir das Visum um ein paar Tage überziehen. Als wir ankommen, sehen wir schon, dass einer der Beamten im Migrationsbüro ganz genau nachfragt. Kathi schickt Jonas deshalb zu einem netteren Beamten. Dort bekommt Jonas sofort ohne Rückfragen den Stempel mit dem gewünschten 30-tägigen Visum, während Kathi dem strengen Beamten ausgesetzt ist. Er stellt viele Fragen, rechnet Tage aus und fragt Kathi, ob ihr bewusst ist, dass man nur 90 Tage in Peru bleiben darf. Da er sich zum Schluss irgendwie verrechnet und Kathi ganz selbstbewusst wirkt, geht alles gut und wir bekommen beide unser 30-tägiges Visum. Schwitzige Geschichte, aber nochmal Glück gehabt. Danach geht es nochmal für eine ewige Zeit in einem großen Bus weiter. Erst abends gegen 20:00 Uhr kommen wir endlich in Arequipa an. Wir sind also inzwischen 24 Stunden unterwegs, aber immerhin können wir uns schon auf unsere nächste Unterkunft freuen. Zum Abschluss gönnen wir uns nämlich ein Hotel mit Garten inklusive Pool, bei dem zwei zuckersüße Babyalpakas herumlaufen. Außerdem gibt es morgens ein richtig großes Frühstücksbuffet. Da wir alte Sparfüchse sind, müssen wir den etwas teureren Übernachtungspreis mit dem Frühstücksbuffet ausgleichen. Dazu stecken wir hier und da mal ein Brötchen für später ein. So sparen wir uns wieder einen Restaurantbesuch. Da Kathi morgens eh nie frühstückt, hat die ehemalige Hotelfachfrau auch kein schlechtes Gewissen. Denn ob sie es jetzt isst oder später, kommt ja praktisch aufs Gleiche hinaus. Nur Jonas steckt doppelt ein, der alte Hungerhaken. Besonders die Alpakas wachsen uns mit der Zeit richtig ans Herz. Immer wenn wir zum Hotel zurückkehren, sagen wir obligatorisch erstmal Hallo. Dazu beschnüffeln uns die anfangs noch recht scheuen Tiere und lassen sich von Tag zu Tag mehr streicheln. Besonders die herzerwärmenden und niedlichen Geräusche der Alpakas sind für Jonas zum Dahinschmelzen. Als wir am nächsten Tag Arequipa im Sonnenlicht erstrahlen sehen, verlieben wir uns gleich in die „Weiße Stadt“, wie sie auch genannt wird, da die komplette historische Altstadt aus einem weißen Vulkanstein besteht. Ein besonderes Highlight ist der Vulkan Misti, der über der Stadt ragt. Es gibt viele Rooftop-Bars, von denen aus man einen perfekten Blick auf den imposanten und geschichtsträchtigen Vulkan hat. Insgesamt verbringen wir ganze acht Tage in Arequipa, und das sind unsere Highlights:

1. Museum der Andenheiligtümer 
Dieses Museum hat uns wirklich nachhaltig beeindruckt. Vielleicht lag es an der überaus interessanten und gut verständlichen Führung, vielleicht aber auch an der Faszination, die der gefrorene, über 500 Jahre alte Mädchenkörper, um den es in diesem Museum geht, in sich birgt. Ja, ihr habt richtig gelesen, man kann dort ein Menschenopfer der Inkas bestaunen. Aber nicht nur das, es werden auch noch etliche Opferbeigaben, wie etwa Metalle, Textilien und organische Stoffe, die in diesem Kontext mit ausgegraben wurden, ausgestellt und anschaulich erklärt. Das Opfer wird Juanita genannt, da ihr Entdecker Juan hieß. Juanita wurde 1995 auf dem Ampato-Vulkan in den Anden in der Nähe von Arequipa entdeckt und ist keine Mumie, sondern ein gefrorenes 12-jähriges Inka-Mädchen, das in den 1450er Jahren den Göttern geopfert wurde. Juanita gilt als die am besten erhaltene aller Inka-„Mumien“ in den Anden. Juanita wurde – wie andere Menschenopfer auch – mit Priestern auf den heiligen Vulkan geführt, bevor sie geopfert wurde. Als sie entdeckt wurde, war sie mit Grabbeigaben bepackt, darunter Miniatur-Lamas aus Edelmetallen. Letztendlich war ein Schlag auf ihren Kopf die Todesursache. Juanita wurde auf dem Gipfel begraben, und ohne einen Vulkanausbruch wäre sie wahrscheinlich nicht gefunden worden. Durch die vulkanische Aktivität schmolz die Schneedecke, wodurch ihre Grabstätte freigelegt wurde. Daraufhin rollte sie in ihrem gefrorenen Zustand den Krater hinunter. Dort wurde sie entdeckt und wird jetzt in diesem Museum im gefrorenen Zustand ausgestellt.

2. Ruta de Sillar 
Wie bereits erwähnt, wird Arequipa auch die Weiße Stadt genannt, weil sie hauptsächlich aus einem besonderen vulkanischen Gestein namens „Sillar“ gebaut worden ist. Sillar ist ein helles, poröses Gestein, das durch die vulkanische Aktivität in der Region entstanden ist. Außerhalb von Arequipa kann man die Steinbrüche, wo der Stein abgebaut wird, bestaunen. Auch haben sich hier viele Künstler niedergelassen, um die Steine kreativ zu bearbeiten.

Im zweiten Teil der Tour können wir uralte sogenannte Petroglyphen bestaunen. Eine Petroglyphe ist ein in Stein gearbeitetes Felsbild aus prähistorischer Zeit. Dazu begeben wir uns in ein ausgetrocknetes, mit Felsen umrandetes Flussbett, dabei ragen abgerundete Felsen um uns meterhoch in die Höhe.

3. Rafting Da es uns mal wieder nach ein bisschen Action sehnt, beschließen wir, dem nahegelegenen Fluss einen Besuch abzustatten und uns in die reißenden Fluten zu stürzen. Wir wollen Wildwasser-Rafting gehen. Kathi hatte das schon mal gemacht, aber für Jonas war es das erste Mal. Nachdem wir eingewiesen werden und einen Taucheranzug angezogen bekommen, kann es auch schon losgehen. Zu fünft sitzen wir in einem Schlauchboot und versuchen, uns durch die Stromschnellen zu manövrieren. Trotz der Kälte des Wassers macht es uns einen Heidenspaß.

Und hier noch einige andere Fotos aus unserer Zeit in Arequipa:

Visual Art Museum:

Kochkurs:

Letzter Abend:


Da wir jetzt schon am Ende vom ersten Teil unserer Reise stehen, wird es hier auch mal Zeit, ein kleines Zwischenresümee zu verfassen. Die Entscheidung, einen kleinen Heimaturlaub in Deutschland einzulegen, bereuen wir ganz und gar nicht. Um ehrlich zu sein, freuen wir uns schon richtig, Freunde und Familie mal wieder zu sehen und die Zeit zu nutzen, um ein paar Erledigungen in Deutschland machen zu können, bevor wir dann ab Anfang August wieder „on the road“ sind. Wir fahren mit dem Flixbus nach Bosnien und Herzegowina, von wo aus wir dann durch Montenegro, Albanien, Nordmazedonien und Griechenland bis nach Istanbul fahren wollen. Da es dann vermutlich schon Herbst ist, wollen wir weiter der Sonne folgen und von der türkischen Großstadt aus einen Flug nach Südostasien nehmen. Soweit der Plan. Natürlich bleibt aber alles auch schön spontan, wodurch sich aber auch sehr gerne immer wieder Unerwartetes einschleichen darf. Jetzt steht jedoch erstmal die Zeit in Deutschland an. Es gibt ein paar Dinge, auf die wir uns richtig freuen, wie zum Beispiel Spargel mit Sauce Hollandaise, Brot oder Autofahrer, die nicht ständig ohrenbetäubende Hupkonzerte auf der Straße veranstalten. Auch die ewig langen Busfahrten werden wir nicht vermissen und wir freuen uns schon auf die relativ kurzen Distanzen in Osteuropa. Die Tatsache, dass wir jetzt wieder länger an einem Ort sein können, wird vermutlich auch eine Wohltat sein. Das Schöne beim Reisen ohne offizielles Ende war bis jetzt, dass wir eigentlich nie richtig viel Stress hatten, um von einem Ort zum nächsten zu hetzen, wie es oft beim Backpacken in der Vergangenheit der Fall war. Wir konnten uns Zeit lassen und waren auch oft mal eine Woche in einer Stadt oder in den Bergen, um runterzukommen. Diese langsame Art zu reisen hat uns sehr gut gefallen, und der Fakt, dass wir nie weiter als eine Woche im Voraus geplant haben, hat uns viel Freiheit gegeben. Wir sind auch unglaublich dankbar für die vielen tollen Leute, denen wir auf unserer Reise begegnet sind. Dass wir in Graham einen richtig guten Freund gefunden haben, den wir auch in Asien wiedertreffen werden. Besonders die Zeit als Freiwillige auf der Farm im Sacred Valley werden wir nie vergessen. Hier wird es jetzt langsam Winter und die Tage werden kühler. Als wir heute, an unserem letzten Tag in Südamerika, in Lima ankommen, nieselt es und es ist bewölkt. Kathi checkt sogleich den Wetterbericht in Regensburg und sieht Sonnenschein und hohe Temperaturen. Somit fühlt sich die Abreise noch besser an, denn wir haben in Bolivien schon genug gefroren! Jetzt reicht’s! Hallo Sommer in Deutschland! Hallo chillen an der Donau! Hallo grillen im Garten! Hallo sich beim Stenz ein Eis holen! Wir sind ready und freuen uns auf Altbekanntes, ohne das die große weite Welt gar nicht erst hätte stattfinden können!


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